CSD Schönebeck, nächste Runde

Der CSD Schönebeck geht in die nächste Runde und zieht vor Gericht.
Stand: 23. Mai 2025 / 15:50 Uhr

Verbot der „Vielfalt der Liebe“ – Queere Aktivistin klagt gegen Versammlungsverbot beim CSD Schönebeck

Rostock / Schönebeck / Magdeburg, 23. Mai 2025 – Ein Vorfall rund um den Christopher Street Day (CSD) in Schönebeck (Elbe) wirft ernste Fragen zum Schutz des Versammlungsrechts und zur Gleichbehandlung queerer Anliegen in Sachsen-Anhalt auf.

Die queere Aktivistin Schwester Rosa-la-ola Grande hat beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage gegen die Auflösung einer spontan angemeldeten Demonstration eingereicht. Der Vorwurf: Die Versammlungsbehörde des Salzlandkreises habe die Veranstaltung ohne schriftlichen Bescheid und rechtliche Grundlage unterbunden.

Eingriff ohne schriftlichen Bescheid

Am 26. April 2025 hatte Schwester Rosa – in ihrer Funktion als Moderatorin der CSD-Veranstaltung – eine neue Versammlung unter dem Motto „Vielfalt der Liebe“ angemeldet, nachdem das Bühnenprogramm des CSD frühzeitig eingeschränkt worden war.
Mit Liedern und Textbeiträgen wurde gegen das abrupte Veranstaltungsende protestiert. Die Reaktion der Versammlungsbehörde: zwei Telefonanrufe und das mündliche Verbot der neuen Kundgebung – mit der Begründung, sie sei „nicht spontan genug“.
Eine schriftliche Verfügung blieb trotz mehrfacher Aufforderung aus. Gegen 20:15 Uhr stoppte die Polizei die Veranstaltung auf Anweisung der Behörde.

Grundrechte auf dem Prüfstand

Hintergrund des Konflikts war das unerwartete vorzeitige Ende des offiziellen CSD-Programms: Verkaufsstände wurden durch behördliche Anordnung geschlossen, das Bühnenprogramm stark eingeschränkt.
Dies geschah ohne nachvollziehbare politische oder sicherheitsrelevante Gründe – und betrifft somit unmittelbar das grundgesetzlich geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit.

„Wer eine Demonstration durch inhaltliche Bewertung einschränkt und gleichzeitig jede Rechtsmittelmöglichkeit verweigert, unterläuft nicht nur das Versammlungsrecht – sondern die Grundordnung selbst“, kritisiert Schwester Rosa.

Politischer Ausdruck queerer Liebe in Frage gestellt

Besonders umstritten ist die behördliche Einschätzung, ein Liebeslied der nonbinären Künstlerperson NoAmis sei „nicht politisch genug“, um Teil einer Demonstration zu sein. Dieser Eingriff in die Ausdrucksform queerer Lebensrealität wirft ein Schlaglicht auf die politische Bewertung queerer Sichtbarkeit durch staatliche Stellen.

„Wenn Sichtbarkeit zur Verhandlungsmasse wird, ist Schweigen keine Option mehr“, so Rosa.
Der Vorwurf: Queere Identität und Liebesbekundungen würden als unpolitisch abgewertet – und damit marginalisiert.

Überzogene Auflagen für ehrenamtliche Veranstalter

Zusätzliche Kritik entzündet sich an den kurzfristig geforderten Auflagen für Sicherheitskräfte mit Gewerbeschein und Begleiter-ID – eine Hürde, die kleinere, zivilgesellschaftlich getragene Initiativen kaum erfüllen können. Dabei wurde die Veranstaltung als politische Demonstration angemeldet – mit entsprechendem Schutz durch Artikel 8 des Grundgesetzes.

Juristische Schritte eingeleitet

Mit der nun erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage soll die Rechtswidrigkeit des Versammlungsverbots gerichtlich festgestellt werden. Parallel laufen ein dienstaufsichtliches Beschwerdeverfahren, eine Petition an den Landtag Sachsen-Anhalt sowie datenschutzrechtliche und strafrechtliche Prüfungen. Besonders brisant: Während der Versammlung filmte die Polizei die Aktivistin, ohne erkennbaren Anlass.

„Diese Klage betrifft nicht nur mich“, betont Schwester Rosa. „Sie betrifft alle, die queer, laut und sichtbar sein wollen – ohne dass ihr Protest vorher genehmigt, bewertet oder mundtot gemacht wird.“

Radio QueerLive hält euch auf dem laufenden Stand.
Wir wünschen dem Orga Team vom CSD Sachsen Anhalt viel Energie, diesen Streit vor Gericht durchzustehen.
Warum sollten wir uns mit dem CSD Schönebeck solidarisch zeigen?
Damit dieser Tag nicht zum Testgebiet gegen die queere Community wird und andere CSDs, keine ähnlichen Probleme bekommen.

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Die Redaktion