
Radio QueerLive – Eine Berliner Liebesgeschichte
Teil 2
„Funkstille und Frequenzen“
Es hätte ein schöner Sonntag werden sollen.
Philipp hatte Tom beim Märchenbrunnen getroffen, sie hatten gelacht, sich verstanden, Nummern getauscht – und irgendetwas in Philipp hatte sich geöffnet. Es war nicht einfach nur ein hübscher Typ mit Charme, sondern jemand, bei dem sich die Luft leichter anfühlte.
Er hatte nicht geschlafen vor Aufregung, hatte Toms Nummer gleich mit einem kleinen Herzchen in sein Handy eingespeichert: Tom – Märchenbrunnen ❤️
Und dann das.
Beim Waschen seiner Jeans – der Jeans, die er beim Treffen getragen hatte – war es passiert. Handy in der Tasche. Wasser marsch.
Die Waschmaschine in seiner kleinen Küche in Friedrichshain gab ihr Bestes – und versenkte nicht nur sein Handy, sondern auch Toms Nummer. Kein Backup. Kein Chat. Kein Kontakt.
Philipp starrte fassungslos auf das schwarze, tote Display. Er schaltete es an, wieder aus, versuchte es mit dem Föhn, mit Reis, mit Gebeten. Nichts. Nur Schweigen.
Zwei Tage lang suchte er auf allen Plattformen. Grindr? Kein Tom. GayRomeo? Auch nicht. Instagram? Wer weiß schon, wie man „Tom aus Berlin“ dort findet. Es war, als hätte die Stadt ihn einfach verschluckt.
Er fühlte sich an, als hätte ihn Berlin zum ersten Mal wirklich verarscht.
❤️🧡
Und dann, an einem Mittwochabend, lag er auf seinem Bett, Radio QueerLive lief im Hintergrund – wie so oft – und der Moderator sprach über das Thema der Sendung:
„Liebe in Berlin – gibt es sie noch oder ist sie nur ein Mythos zwischen Berghain und Barhockern?“
Philipp richtete sich langsam auf.
Dann griff er zum Festnetztelefon seines Mitbewohners – ein echtes Museumsstück – und wählte zitternd die Nummer der Studiowelle.
Es klingelte.
Dann:
„Radio QueerLive, guten Abend, du bist live auf Sendung. Mit wem sprechen wir denn?“
„Ähm… Philipp. Ich… Ich weiß gar nicht, ob ich das jetzt wirklich machen soll.“
„Philipp, wir haben gerade eine Sendung über die Liebe in der Stadt. Wenn du jetzt nicht sprichst, dann weiß die Stadt nie, was du fühlst.“
Ein kurzer Moment Stille.
Dann sprudelte es aus ihm heraus.
Über das Treffen am Märchenbrunnen, über Tom, über das schöne Gespräch, das Lächeln, das sich eingebrannt hatte.
„…und dann habe ich mein Handy verloren. Beziehungsweise – die Waschmaschine hat es getötet. Und jetzt… ich weiß nicht, ob er das hier gerade hört. Aber wenn ja – Tom, ich will dich wiedersehen. Bitte. Melde dich.“
Der Moderator sagte nichts für einen Moment. Dann ganz leise:
„OK. Wenn Tom das jetzt hört, dann hoffe ich, dass auch sein Herz ein bisschen springt.“
Das Gespräch endete. Philipp gab die Festnetznummer und legte auf, zitternd.
Was hatte er da gerade getan?
💛💚
Zur gleichen Zeit, fünf Kilometer nördlich, in Prenzlauer Berg.
Tom lag auf dem Sofa, Wein in der Hand, Radio QueerLive leise im Hintergrund.
Er hatte Philipp nicht mehr vergessen können. Schon am nächsten Tag hatte er ihm schreiben wollen aber er hatte die Nummer nicht von Philipp. Nichts.
Tom war es gewohnt, geghostet zu werden – aber bei Philipp war das anders. Da war Hoffnung gewesen.
Als er plötzlich seinen Namen hörte – „Tom, ich will dich wiedersehen.“ – fuhr er auf.
Das war sein Philipp.
Das war ihre Geschichte.
Noch während der Abspann der Sendung lief, rief Tom beim Studio an. Er erklärte alles. Der Moderator hörte ihm geduldig zu. Dann:
„Tom, ich glaube, wir haben da ein Happy End im Entstehen. Ich geb dir gleich die Nummer von Philipp.“
💙💜
Tom schrieb sie sich zitternd auf. Und noch am selben Abend tippte er die Nummer:
Philipp? Ich hab’s gehört. Du bist nicht der Einzige, der sucht. Weltzeituhr. Sonntag. 15 Uhr?
Hier hast du meine Handynummer aber stecke den Zettel nicht in die Waschmaschine.
❤️🧡💛💚💙💜
Sonntag. 15 Uhr. Alexanderplatz.
Die Weltzeituhr drehte sich wie immer über den Köpfen der Menschen. Hunderte Gesichter, Stimmen, Leben – und mittendrin standen sie plötzlich wieder voreinander. Keine Musik. Kein Radio. Kein Bildschirm. Nur echte Augen und ein echtes Lächeln.
„Na?“, sagte Tom leise.
„Na“, sagte Philipp zurück.
Dann nahmen sie sich einfach nur kurz in den Arm.
Nicht fest. Nicht lang. Aber lange genug, dass Berlin endlich einmal stillstand.
Ende Teil 2 – Fortsetzung folgt morgen um 20.00 Uhr
Gute Nacht