Das ist keine Randnotiz.
Das ist kein „bedauerlicher Einzelfall“.
Das ist das Resultat eines Staates, der seit Jahren zusieht, relativiert und beschwichtigt.
Ein junger Mann greift ein, als eine Frau belästigt wird. Er tut das, was Politik, Gesellschaft und Institutionen permanent einfordern: Zivilcourage. Die Frau kann fliehen. Er bleibt zurück. Und wird mit einem Messer attackiert.
Was bleibt, ist eine Wunde – und eine bittere Erkenntnis:
Wer in diesem Land Haltung zeigt, steht im Zweifel allein da.
Während Politiker in Talkshows von „komplexen Zusammenhängen“ sprechen, blutet jemand auf offener Straße. Während Sicherheitskonzepte aus mehr Beleuchtung und Notrufsäulen bestehen, tragen Täter Messer bei sich – und benutzen sie. Während Verantwortliche sprachlich auf Eierschalen laufen, haben Täter längst jede Hemmschwelle verloren.
Diese Verletzung erzählt mehr Wahrheit über den Zustand Deutschlands als jedes Regierungsstatement.
Seit Jahren wird Gewalt verharmlost, um bloß keine Debatte zu riskieren. Täter werden zu „Problemlagen“, Messer zu „Statistiken“, Opfer zu Fußnoten. Wer darauf hinweist, gilt schnell als unsensibel, als überzogen, als politisch verdächtig. Das Ergebnis dieser Sprachverweigerung sehen wir hier – auf nackter Haut.
Es geht nicht um Herkunft.
Es geht um Gewalt.
Und um einen Staat, der nicht mehr durchsetzt, was er predigt.
Wenn Politik den Mut verliert, Täter klar zu benennen und Konsequenzen durchzusetzen, entsteht ein Vakuum. Und dieses Vakuum füllt sich. Mit Angst. Mit Wut. Mit Radikalisierung. Wer das ignoriert, treibt Menschen sehenden Auges in die Extreme – und wundert sich anschließend über den Zulauf für politische Brandstifter.
Besonders perfide: Die Leidtragenden sind ausgerechnet jene, die ständig als Schutzbedürftige beschworen werden. Frauen. Queere Menschen. Minderheiten. Und jene, die den Mut haben, für andere einzustehen. Sie werden Opfer auf der Straße – und Spielball einer Politik, die lieber verwaltet als handelt.
Diese Narbe ist kein persönliches Pech.
Sie ist ein politisches Zeugnis.
Ein Beweis dafür, dass lauwarme Worte keine Messer stoppen.
Und solange sich daran nichts ändert, wird man weiter Narben zählen – statt endlich Verantwortung zu übernehmen.
Wenn selbst Anzeigen keine Selbstverständlichkeit mehr sind
Es ist bewundernswert, wenn Menschen den Mut finden, sich an Formate wie Radio QueerLive zu wenden. Wenn sie ihre Erlebnisse teilen, ihre Angst, ihre Wut, ihre Verletzungen. Dieses Vertrauen ist kein kleiner Schritt – es ist ein Akt von Offenheit in einer Zeit, in der viele längst verstummt sind.
Und doch bleibt eine bedrückende Frage: Warum endet dieses Vertrauen so oft genau dort – und nicht bei der Polizei?
Ist es Resignation?
Ist es die Überzeugung, dass eine Anzeige nichts bringt?
Oder ist es das schleichende Gefühl, dass dieses Land zwar Solidarität verspricht, aber im Ernstfall nicht liefert?
Diese Fragen stellen sich nicht aus Ideologie, sondern aus Erfahrung. Auch wir würden gerne häufiger Positives berichten. Doch selbst wir wurden im September Opfer eines Diebstahls. Anzeige erstattet. Vorgang aufgenommen. Und seitdem: nichts. Keine Rückmeldung, kein Fortschritt, kein Ergebnis.
Wer solche Erfahrungen macht, verliert nicht nur Eigentum – er verliert Vertrauen und den guten Glauben.
Genau deshalb ist es umso wichtiger, diesen Schritt trotzdem zu gehen. So schwer er fällt, so ernüchternd er sich anfühlt. Denn ohne Anzeigen verschwinden Taten vollständig aus der Wahrnehmung. Sie tauchen in keiner Statistik auf, lösen keine Debatte aus, verändern nichts. Dann bleiben nur Narben – körperliche wie gesellschaftliche.
Wir haben unseren Hörer dennoch ausdrücklich gebeten, sowohl das Krankenhaus als auch die Polizei aufzusuchen. Nicht aus Naivität. Sondern aus der bitteren Einsicht heraus, dass ein Rechtsstaat nur dann sichtbar scheitert, wenn man ihm die Realität nicht vorenthält.
Dass Menschen heute abwägen müssen, ob sie sich diesen Gang überhaupt noch antun, ist ein Alarmzeichen.
Dass sie Zweifel haben, ob Gerechtigkeit mehr ist als ein Versprechen, ist ein politisches Problem.
Und dass Vertrauen inzwischen eher bei einem Radiosender liegt als bei staatlichen Institutionen, sollte niemanden kaltlassen.
Denn wenn selbst Opfer nicht mehr daran glauben, dass Anzeigen etwas bewirken, dann ist das kein individuelles Versagen – dann ist es ein strukturelles.
Und genau darüber muss gesprochen werden und das machen wir jetzt in aller Deutlichkeit.
Laut seiner Aussage, griffen ihn 6 arabische Jugendliche an.
Wer in Berlin negative Erfahrungen mit Gewalt macht, sollte auch unbedingt Rat bei Maneo oder L-Support holen.
Habt Vertrauen in die Projekte, sie beraten euch gerne.
Radio QueerLive
News Redaktion
