❤️🧡💛 Philipp und Tom 💚💙💜

Radio QueerLive – Eine Berliner Liebesgeschichte,

Teil 3

„Ein See, ein Tunnel, ein Moment“

Es war wieder Sonntag. Sie hatten sich seit dem Treffen an der Weltzeituhr fast jeden Tag geschrieben, Sprachnachrichten geschickt, Fotos geteilt. Noch kein Kuss, kein richtiges Date. Nur viel Nähe auf Entfernung – wie ein vorsichtiges Antasten über Radiowellen, Textzeilen und Herzklopfen.

Diesmal war es Philipp, der den Vorschlag machte:

Ich will raus. Raus aus Mitte. Raus aus Wlan und WG-Küche. Zeig mir was Echtes. Einen Ort, den man fühlen kann.

Tom antwortete sofort:

Dann fahren wir an den Müggelsee. Du musst durch die Bölschestraße gehen, bevor du diesen See überhaupt verdient hast.

Und so stiegen sie am nächsten Tag am S-Bahnhof Friedrichshagen aus. Die Sonne schien hell, das Pflaster unter ihren Füßen war uneben, aber schön. Die Bölschestraße war wie eine andere Welt: alte Gründerzeithäuser, Cafés mit echten Torten in der Auslage, Buchhandlungen, die noch nach Papier rochen. In der Mitte stand die alte Kirche, wie aus einem historischen Film.

Philipp schaute sich staunend um. „Ich hätte nicht gedacht, dass Berlin auch so klingen kann. So… leise.“

Tom grinste. „Ich bring nur besondere Menschen hierher.“
Philipp erwiderte nichts – aber sein Lächeln verriet genug.

Sie liefen vorbei an der alten Brauerei, die roch nach Geschichte und ein bisschen nach Hopfen. Und dann öffnete sich die Straße – und da lag er: der Müggelsee. Breit, silbern, spiegelnd. Boote glitten übers Wasser, Kinder warfen Steine, Möwen lachten schrill in der Luft.

An der Friedrichshagener Uferpromenade lehnten sie sich ans Geländer und schauten schweigend hinaus.

„Wenn ich auf Wasser schaue“, sagte Philipp leise, „wird es ruhig in mir. Als würde jemand den Lärm in meinem Kopf runterdrehen.“

Tom nickte nur. Dann deutete er auf einen kleinen Hügel. „Da vorne beginnt der Spreetunnel. Willst du was Verrücktes machen?“

Philipp zog die Augenbraue hoch. „Was Verrücktes? Was meinst du?“
„Ein Tunnel unter der Spree. Der hallt total, wenn man durchläuft. Komm, wir rufen was rein!“

Sie liefen zum Eingang des Spreetunnels. Es war kühl darin, still – aber jede Stimme hallte wie in einer Kathedrale.
„Achtung!“, rief Tom, „hier kommen die zwei, die noch an Romantik glauben!“

„Und an Zufälle!“, rief Philipp, und ihr gemeinsames Lachen hallte durch den Tunnel zurück wie ein Echo der letzten Woche.

Am anderen Ende kamen sie heraus wie neu sortiert.

Es ging weiter am Südufer vom Müggelsee und manchmal berührten sich zwei Fingerspitzen und manchmal hielten sie sich die Hand.
Rübezahl.
Dort lag ein kleiner Bootsverleih. Alte Holzboote, ein paar Kajaks, und – mitten darin – ein hellblaues Paddelboot.
Tom grinste: „Lust auf eine Runde über den Müggelsee?“
„Nur, wenn du lenkst“, sagte Philipp.

Sie stiegen ein, Philipp vorn, Tom hinten, und paddelten los. Das Wasser kräuselte sich unter ihnen, die Sonne glitzerte auf der Oberfläche wie Silberfolie, und am Ufer zogen Villen, Bäume und Spaziergänger vorbei.

„Sag mal“, fragte Tom, „was ist eigentlich mit deinem Handy? Schon wieder fit?“
„Ich hab ein neues“, lachte Philipp. „Aber ich schwör, diesmal kommt’s mir nicht in die Waschmaschine.“

„Oder in den See“, ergänzte Tom.

Doch kaum hatte er das gesagt, geriet das Boot durch eine ungeschickte Drehung leicht aus dem Gleichgewicht. Das Boot wurde von einer Welle getroffen die ein Dampfer verursachte.
Tom lachte, versuchte gegenzusteuern – und Philipp, der sich umdrehte, um zu helfen, verlor das Gleichgewicht.

Ein Platsch.

Dann noch ein, Plumps.

Wasser. Kalt. Glucksend. Und zwei Männer, die innerhalb einer Sekunde patschnass waren – aber lachten, als hätten sie sich gerade selbst in eine romantische Komödie geschrieben.

Sie paddelten zurück ans Ufer, tropfend, keuchend, frierend. Ihre Shirts klebten an der Haut, zeichneten Muskeln, Linien, Wärme. Tom sah Philipp an – sein Haar klatschnass, die Wimpern wie gefächert, das Lächeln immer noch da.

„Du siehst aus wie ein italienischer Filmschauspieler nach einem Gewitter.“

„Du wie ein Barkeeper, der aus Versehen ins Tauchbecken gefallen ist“, konterte Philipp.

Sie standen nebeneinander, bis auf ihre triefenden Klamotten total nass, und beide wussten: In diesem Moment war alles erlaubt.

Und doch berührten sie sich nur kurz. Eine Hand auf einer nassen Schulter. Ein Blick, der länger dauerte als nötig – aber noch nicht das Ende war.

„Ich geb dir einen Tee aus“, sagte Tom.
„Nur, wenn du mir nächste Woche etwas ohne Wasser zeigst, das Tempelhofer Feld vielleicht.
Meinst du ich bekomme einen Handyrabatt?“

„Abgemacht.“

Ende Teil 3 – Fortsetzung folgt morgen um 20.00 Uhr


Gute Nacht