Kirchengeschichte in Wales: Cherry Vann wird erste weibliche und offen lesbische Erzbischöfin

Die anglikanische Kirche von Wales hat ein bedeutendes Kapitel ihrer Geschichte aufgeschlagen: Cherry Vann, bislang Bischöfin von Monmouth, wurde am 30. Juli zur neuen Erzbischöfin von Wales gewählt – als erste Frau und erste offen lesbische Person an der Spitze der Church in Wales.

Mit dieser Wahl übernimmt Vann nicht nur eines der höchsten Ämter der Kirche, sondern auch eine moralische und geistliche Führungsrolle in einer Zeit, in der die Institution mit internen Herausforderungen und einem wachsenden Ruf nach Reform konfrontiert ist. Sie tritt die Nachfolge von Andrew John an, der nach Berichten über Sicherheitsbedenken und problematisches Verhalten in der Kathedrale von Bangor seinen Rücktritt angekündigt hat. Zwar wurde ihm persönlich kein Fehlverhalten nachgewiesen, dennoch sah er sich veranlasst, sein Amt zum 31. August niederzulegen.

Ein historischer Moment – für die Kirche und für die LGBTQ+-Community

Cherry Vanns Ernennung ist mehr als ein kirchliches Personalereignis – sie ist ein Meilenstein für Gleichstellung, Sichtbarkeit und Inklusion innerhalb einer traditionsreichen Institution. In einer Zeit, in der viele religiöse Gemeinschaften weiterhin mit LGBTQ+-Fragen ringen, setzt die Church in Wales ein deutliches Zeichen: Kompetenz, Glaube und Führungsstärke kennen keine sexuelle Orientierung.

„Ich muss mich für Heilung und Versöhnung einsetzen“, sagte Vann nach ihrer Ernennung. „Wir müssen das Vertrauen in der Kirche und in den Gemeinden, denen sie dient, wieder aufbauen.“ Ihre Worte spiegeln nicht nur den Wunsch nach Stabilität wider, sondern auch eine klare Haltung der Verantwortung in Zeiten des Wandels.

Ein beeindruckender Weg in der Kirche

Vor ihrer Wahl zur Bischöfin von Monmouth im Jahr 2019 war Cherry Vann elf Jahre lang Erzdiakonin von Rochdale in der Diözese Manchester. Dort wie auch in Wales galt sie als ruhige, aber durchsetzungsstarke Stimme – und als Pastorin mit besonderem Gespür für zwischenmenschliche und seelsorgerliche Themen.

Der Dekan von Newport, Ian Black, lobte ihre Arbeit in Monmouth ausdrücklich: „Sie hat den Wechsel in den Pfarrbereichen klar und zielstrebig gemeistert und dabei tiefe Fürsorge für Geistliche und Menschen gezeigt.“ Besonders betont wurde auch Vanns Fähigkeit, offen für unterschiedliche Sichtweisen zu bleiben – ein Merkmal, das in einer zunehmend polarisierten Welt immer wichtiger wird.

Zeichen für einen Kulturwandel

Mit Cherry Vanns Amtsantritt rückt eine neue Form der Kirchenleitung in den Vordergrund – eine, die sich klar zur Gleichstellung bekennt und dennoch nicht den Dialog mit konservativen Kräften scheut. Ihre Wahl wird weithin als Hoffnungssignal für eine offene, inklusive Kirche gewertet, die gesellschaftliche Realitäten nicht ausklammert, sondern pastoral begleitet.

Die nächsten Monate werden zeigen, wie Cherry Vann mit den noch offenen Fragen rund um die Vorgänge in Bangor umgeht – und ob es ihr gelingt, tatsächlich Brücken zu bauen, wie sie es angekündigt hat.

Eines ist schon jetzt sicher: Ihre Ernennung ist ein historisches Ereignis. Für die Church in Wales, für die LGBTQ+-Gemeinschaft – und für alle, die glauben, dass der Glaube keine Grenzen der Identität kennen sollte.

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News Redaktion