
Im Herzen des Holländischen Viertels, in der Benkertstraße 1, liegt ein Ort, der seit über zwei Jahrzehnten mehr war als nur ein Café oder eine Bar. Das La Leander war für viele Menschen ein Zuhause, ein Rückzugsort, ein Treffpunkt, ein sicherer Raum – ein Ort, an dem man einfach sein durfte. Am 25. Oktober 2025 wird das La Leander zum letzten Mal seine Türen öffnen.
Mit diesem Tag endet nicht nur der Betrieb eines Lokals, sondern eine ganze Ära von queerer und nachbarschaftlicher Kultur in Potsdam.
Ein Wohnzimmer für alle – die Idee des La Leander
Seit seiner Gründung Ende der 1990er Jahre war das La Leander ein besonderer Ort. Es nannte sich selbst das „queere Wohnzimmer Potsdams“ – und genau das war es: ein offener Raum, in dem sich Menschen verschiedenster Hintergründe begegnen konnten.
Hier trafen sich Studierende, Nachbarinnen, Künstlerinnen, Aktivistinnen, Touristinnen – und vor allem Menschen aus der LGBTQIA+ Community, die im Leander nicht bloß Gäste, sondern Teil einer Gemeinschaft waren.
Zwischen Kaffeetassen, warmem Licht und dem Geruch von frisch gebackenem Kuchen entstanden Gespräche, Freundschaften und Solidarität.
Abends verwandelte sich das Café in eine Bar, in der Musik erklang, wo getanzt, gelacht, diskutiert und gefeiert wurde. Das Leander war nicht laut, nicht aufdringlich, aber immer lebendig – ein kleines, liebevoll eingerichtetes Refugium mit einer großen Seele.
Kulturort und Schutzraum – eine soziale Bedeutung über den Kiez hinaus
Über die Jahre hinweg wuchs das La Leander zu einem soziokulturellen Fixpunkt in Potsdam heran. Es war einer der wenigen öffentlichen Räume, in denen queere Identität sichtbar, selbstverständlich und willkommen war.
Die Betreiber*innen verstanden das Café stets als Ort der Begegnung, des Zuhörens und der Sichtbarkeit. Neben dem gastronomischen Angebot fanden hier regelmäßig Lesungen, Musikabende, politische Diskussionen, Filmnächte und Ausstellungen statt.
Darüber hinaus war das Haus in der Benkertstraße 1 mehr als nur eine Gaststätte. Es bot Wohnraum und Zuflucht für Menschen, die zeitweise Unterstützung brauchten – insbesondere für queere Jugendliche und Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befanden. So wurde aus dem La Leander ein Ort, der gelebte Solidarität praktizierte – unspektakulär, aber aufrichtig.
Auch wir waren dabei
Über viele Monate hatte Radio QueerLive am Montagabend einen sehr gut besuchten Stammtisch im La Leander organisiert.
Verdrängung und Verlust – das Ende eines Ortes
Wie viele andere kulturelle und soziale Einrichtungen in der Potsdamer Innenstadt stand auch das La Leander in den letzten Jahren unter zunehmendem Druck. Steigende Mieten, Eigentümerwechsel und bauliche Anforderungen machten den Fortbestand immer schwieriger.
Im Sommer 2025 wurde schließlich bekannt, dass der Mietvertrag nicht verlängert wird. Die Bedingungen waren für die Betreiberin, die das Café über viele Jahre mit Herzblut geführt hatte, nicht mehr tragbar. Damit war klar: Das Kapitel La Leander in der Benkertstraße 1 würde zu Ende gehen.
Am 25. Oktober 2025 öffnet das Café ein letztes Mal seine Türen. Danach wird es still werden an diesem Ort, an dem so viele Gespräche, Umarmungen und Momente geteilter Menschlichkeit stattgefunden haben.
Ein Abschied mit Gewicht – was bleibt, wenn ein Ort verschwindet
Mit der Schließung des La Leander verliert Potsdam weit mehr als eine Gastronomie. Es verschwindet ein symbolischer Raum für Vielfalt, Offenheit und gelebte Menschlichkeit.
Viele Menschen verbinden mit diesem Ort persönliche Erinnerungen: das erste Date, ein Coming-out, Freundschaften, Gespräche bis tief in die Nacht, Trost nach einem schweren Tag.
Wenn sich am 25. Oktober die Tür zum letzten Mal schließt, endet eine Ära, die Spuren hinterlässt – in der queeren Geschichte Potsdams, in der Seele des Holländischen Viertels und im Herzen vieler, die hier ein Stück Zuhause gefunden haben.
Doch auch wenn der Ort verschwindet, bleibt das, was ihn ausmachte, bestehen: eine Haltung, eine Wärme, eine Gemeinschaft. Das La Leander war nie nur ein Raum aus Wänden und Möbeln – es war eine Idee von Miteinander, die weiterlebt, wo immer Menschen sich begegnen und sagen: Du bist willkommen, so wie du bist.
Lebe wohl, La Leander.
Danke für all die Jahre, die Gespräche, die Musik, das Lachen und die stillen Momente.
Du warst mehr als ein Café – du warst Herz, Zuhause und Erinnerung zugleich.
Radio QueerLive
News Redaktion