❤️🧡💛 Philipp und Tom 💚💙💜 (82)

Radio QueerLive – Eine Berliner Liebesgeschichte

Folge 82

Ein Abend für Anna R
Eine Geschichte über Erinnerung, Liebe und Musik

Es war ein stiller Sonntagnachmittag in Berlin.
Die Sonne fiel in schrägen Streifen durch die Gardinen, Staubkörner tanzten im Licht, und aus dem Lautsprecher auf dem Schreibtisch klang leise eine alte Rosenstolz-CD.

Frau Bond saß mit einer dampfenden Tasse Tee vor ihrem Computer.
Auf dem Bildschirm leuchteten vergilbte Fotos und Videoclips – Erinnerungen an wilde Jahre bei Radio QueerLive.

Ein Klick – und ein bekanntes Lachen ertönte.
„Radio QueerLive trifft Rosenstolz – Album-Premiere – Das große Leben“, kündigte eine junge, aufgeregte Stimme an.
Ihre Stimme.
Frau Bond lehnte sich zurück und lächelte wehmütig.
„Meine Güte, was waren wir jung…“ murmelte sie.

Da erschien auf dem Bildschirm Anna R – lachend, charmant, selbstbewusst.
Frau Bond stoppte das Video und strich mit den Fingern leicht über das Bild.
„Anna… du hattest diese Art, dass jeder sich gesehen fühlte. Einfach… echt.“

Ein weiteres Foto blitzte auf: der Radio QueerLive-Truck beim CSD, die Regenbogenflaggen im Wind, Rosenstolz lachend auf den großen Bannern.
„Das war der Sommer, an dem alles möglich schien“, flüsterte sie.

In diesem Moment klopfte es an der Tür.

„Komm rein!“ rief Frau Bond, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.

Philipp und Tom kamen herein, beide mit diesem typischen „wir haben was ausgeheckt“-Grinsen.
Philipp trat nach vorn.
„Frau Bond, wir müssen dich entführen.“
„Entführen?“ Sie drehte sich überrascht um. „Ich hoffe, ihr habt wenigstens einen guten Grund.“

Tom hielt zwei Umschläge hoch, grinste breit: „Besser. Wir haben Karten.“
„Karten?“ – Frau Bond runzelte die Stirn.
Philipp nickte stolz. „Für das Gedenkkonzert heute Abend. Anna R – Mut zur Liebe in der Columbiahalle.“

Frau Bond hielt inne.
Einen Moment lang war nur leises Atmen zu hören, dann flüsterte sie:
„Ihr habt wirklich zugehört…“
Ihre Stimme zitterte leicht, und in ihren Augen blitzte Dankbarkeit auf.
„Ihr zwei seid Goldstücke.“


Ein Abend in der Columbiahalle

Schon vor der Halle spürten sie, dass es kein gewöhnliches Konzert werden würde.
Menschen jeden Alters standen in kleinen Gruppen, einige hielten Kerzen, andere Rosen oder alte Tourshirts von Rosenstolz.
Ein Transparent hing über dem Eingang:
„Mut zur Liebe“

Philipp sah sich um.
„Ich glaube, das ist das friedlichste Publikum Berlins.“
Tom nickte. „Und das emotionalste. Schau mal – da weinen jetzt schon welche.“

Frau Bond sah sie an und lächelte.
„Wartet’s ab. Wenn der erste Ton erklingt, dann versteht ihr, warum.“

Drinnen, als das Licht erlosch, war es, als hielte die ganze Halle den Atem an.


Auf der Leinwand erschien Anna R.
Ihr Lächeln. Ihre Augen.
Dann ihre Stimme – klar, lebendig, nah.

Philipp spürte, wie sich seine Brust zusammenzog.
Tom legte ihm die Hand auf den Arm.
„Alles okay?“
„Ja“, flüsterte Philipp. „Ich glaub, ich versteh langsam, was sie den Menschen hier bedeutet.“

Frau Bond lächelte durch Tränen.
„Sie hat uns alle ein bisschen stärker gemacht… damals, als es noch Mut brauchte, man selbst zu sein.“

Auf der Bühne wechselten sich Künstlerinnen ab: Silly, Gleis 8, City, Jule Neigel, Katja Epstein.
Jede sang eine Zeile, ein Lied, ein Gefühl – und alle klangen, als wollten sie Anna ein Stück Himmel zurückgeben.

Plötzlich ein ruhiger, emotionaler titel. Es leuchteten Hunderte Handys – ein Meer aus kleinen Lichtern tauchte die Halle in sanftes Weiß.
Philipp flüsterte: „Schau, es ist wie tausend kleine Sterne…“
„Ja“, hauchte Frau Bond, „jeder ein Danke.“

Sie griff in ihre Tasche, reichte beiden Taschentücher.
„Vertraut mir – ihr werdet sie brauchen.“
Tom lachte leise. „Zu spät.“
Er wischte sich verstohlen über die Wange.

Am Ende ein Titel den Anna R nie im Studio sang, sondern nur auf die Mailbox ihres Bandkollegen. Es war der letzte Titel den sie je sang und genau dieser Titel erklang in der Halle.
Alle standen auf. Das Publikum sang mit den Künstlerinnen und Künstlern. Frau Bond schaute zu Philipp und Tom rüber. Die beiden waren nicht in der Lage zu singen, sie heulten wie die Schlosshunde.


Aber auch sie wichte sich eine Träne weg vom Augenrand.
Zu viele Erlebnisse mit Anna R kamen ihr als Erinnerung wieder hoch.


Nach dem Konzert

Draußen war es kühl, aber niemand wollte gehen.
Menschen standen auf den Treppen, legten Rosen nieder, zündeten Kerzen an.
Jemand spielte auf einer Gitarre leise „Gib mir Sonne“.

Philipp blickte in die Menge.
„Es ist verrückt, oder?
So viele Menschen, die sie gar nicht persönlich kannten, aber sie fühlen alle dasselbe.“

Frau Bond nickte.
„Das ist das, was gute Musik macht. Sie bleibt.
Auch wenn der Mensch nicht mehr da ist – das, was er berührt hat, bleibt lebendig.“

Tom nahm Philipp an der Hand.
„Ich glaube, du hast gerade wieder jemanden Neues, der dir was beigebracht hat.“
Philipp lächelte still. „Ja… Liebe ist alles, oder?“
„Immer.“

Frau Bond stand daneben, sah sie liebevoll an.
„Ihr zwei habt heute was erlebt, das man nicht so schnell vergisst.
Und wisst ihr was? Morgen Abend im Sender… spielen wir eine Stunde lang nur Anna. Für alle, die sie vermissen – und für alle, die sie nie vergessen werden.“

Tom nickte.
„Und wir sind dabei.“

Philipp fügte hinzu:
„Mit Taschentüchern.“

Frau Bond lachte – das erste richtige Lachen an diesem Tag.
„Ihr seid unmöglich. Aber Anna hätte das gemocht.“

Plötzlich blieb sie stehen, drückte beide an sich ran und flüsterte beiden ins Ohr. „Morgen Abend 18.00 Uhr im Sender. Wir machen es nicht einmal.“ Dann ließ sie die beiden los.

Dann ging Frau Bond langsam die Straße hinunter in Richtung U Bahn.
Und irgendwo in der Nacht klang eine Melodie nach, so warm und vertraut wie eine Umarmung:
„Mut zur Liebe.“

💛 Ende – Teil 82

Morgen geht’s weiter – mit einer neuen Zeitreise. Diesmal führt sie 19 Jahre zurück, zu einem Interview mit einer ganz besonderen Band und Sängerin.