
Radio QueerLive – eine Berliner Liebesgeschichte
Teil 79
„Waschsalon & Geheimnisse“
„Tom?“, rief Philipp aus dem Schlafzimmer. „Die Waschmaschine klingt, als würde sie gleich durch den Boden krachen!“
Tom stand vor dem alten Gerät, das röhrte und vibrierte, als ob es gleich abheben würde. Dann machte es nur noch klack-klack-klack – und Stille.
„Sie ist tot“, seufzte Tom. „Ruhe in Frieden.“
Philipp schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Das heißt… keine frischen Socken mehr?“
Tom sah ihn ernst an. „Das heißt: Waschsalon.“
Philipp riss die Augen auf. „Da geh ich nicht hin! Die Leute da starren die ganze Zeit in ihre Trommel, als wär’s die Glaskugel von einer Wahrsagerin. Das ist doch gruselig!“
„Dann bleib eben hier“, meinte Tom trocken, griff sich zwei große Taschen und packte sie voll. „Ich mach das schon.“
⌚ Einen Tag später
Am nächsten Tag bereitete Philipp Frühstück. Stolz stellte er Brötchen, Marmelade, Kaffee und sogar einen kleinen Obstteller auf den Tisch. Doch Tom setzte sich nicht. Er stopfte einfach alles in eine Tasche.
„Moment mal!“ Philipp stemmte die Hände in die Hüften. „Das ist mein Frühstück! Wo willst du damit hin?“
„Waschsalon“, sagte Tom gelassen.
Philipp blinzelte. „Du willst deine Unterhosen mit Brötchen füttern?!“
Tom grinste geheimnisvoll, schulterte die Tasche und ging.
⌚
Am dritten Tag dieselbe Szene. Philipp platzte fast.
„Sag mal, bist du in den Waschsalon verliebt? Jeden Tag dasselbe! Frühstück einpacken, Tasche schnappen, tschüss. Ich hab extra im Schrank nachgeguckt – da ist alles sauber. Wir haben gar keine dreckige Wäsche mehr!“
Tom hob eine Augenbraue. „Du übertreibst.“
„Übertreibe ich?!“ Philipp lief ihm hinterher. „Du hast heute früh sogar zwei Äpfel poliert! Seit wann nimmst du Vitamine mit in den Waschsalon?“
Tom schüttelte nur den Kopf, murmelte ein „Du spinnst“, und war weg.
⌚
Philipp blieb allein im Flur zurück, starrte die Tür an und murmelte: „Sehr verdächtig. Entweder er hat eine heimliche Waschsalon-Bekanntschaft… oder er wäscht die Socken der Nachbarschaft schwarz. Morgen… folge ich ihm.“
⌚ Am nächsten Tag.
Tom packte wieder Frühstück, diesmal sogar Käse und zwei Croissants. Philipp sah ihm mit verengten Augen nach, dann schnappte er sich heimlich seine Jacke. „Heute wird das Mysterium gelüftet.“
Er folgte Tom mit einigem Abstand bis zum Waschsalon. Durch das Schaufenster sah er ihn – und sein Herz machte einen Sprung.

Da saß Tom. Neben ihm ein junger Typ, höchstens 20, mit roten Haaren. Sie frühstückten zusammen. Tom wuschelte ihm lachend durch die Haare. Und dann – der Junge legte den Kopf an Toms Schulter.
Philipps Herz raste. „Ertappt!“, flüsterte er. Und stürmte rein.
⌚ Auflösung mit Krach

„Ach, da seid ihr ja!“, rief er laut, die Hände in die Hüften gestemmt. „Na, was für eine gemütliche Frühstücksrunde!“
Der junge Typ fuhr erschrocken hoch, sprang auf und starrte Philipp an wie ein Kaninchen im Scheinwerferlicht. Dann rannte er raus – fast so schnell wie Willi, wenn er im Terrarium eine Heuschrecke jagt.
„Philipp!“, rief Tom entsetzt. „Was sollte das denn?!“
Philipp stampfte auf. „Na was wohl! Wer ist das? Rote Haare, jung, lehnt an deiner Schulter… Soll ich noch mehr sagen?“
Tom fuhr sich genervt durchs Haar. „Das war Paul. Er ist zwanzig. Er hat sich gerade erst geoutet – und seine Familie hat ihn rausgeworfen. Er ist obdachlos, Philipp! Er kommt hierher, weil es warm ist und weil er irgendwo sitzen kann. Ich bring ihm Frühstück, damit er nicht ganz allein ist.“
Philipp verstummte. Sein Blick wurde weich. „Oh…“ Er schluckte schwer. „Tom, ich… das wusste ich nicht.“
⌚ Am nächsten Morgen.
Tom blieb zuhause. „Ich geh nicht. Du hast Paul bestimmt vergrault.“
Philipp fühlte sich furchtbar. Er packte selbst ein Frühstück und ging zum Waschsalon. Tatsächlich – Paul saß da, ganz allein.

„Hey“, sagte Philipp leise und setzte sich neben ihn. „Ich… ich hab gestern Mist gebaut. Tut mir leid.“
Paul sah ihn an, vorsichtig, dann lächelte er zaghaft. „Sie haben Glück. Tom ist… ein guter Freund.“
Philipp packte das Frühstück aus. „Wir sind beide ein bisschen chaotisch, aber… willst du nicht mitessen?“
Paul nickte.
Da knallte plötzlich die Tür auf. Tom kam hereingestürmt, völlig außer Atem. „Paul, sorry, ich bin zu spät…“
Dann sah er Philipp, wie er den Tisch gedeckt hatte. Philipp grinste nur.
„Tja, diesmal hab ich mich um Paul gekümmert.“
Paul lachte leise. „Ihr seid echt verrückt. Aber irgendwie… süß.“
Die drei frühstückten gemeinsam. Und irgendwann meinte Philipp: „Weißt du was, Paul? Wir haben noch ein drittes Zimmer. Bleib doch ein paar Tage bei uns. Bis du wieder auf die Beine kommst.“
Paul schaute beide an, mit glänzenden Augen. „Echt? Ihr würdet das machen?“
Tom und Philipp nickten gleichzeitig.
Und während draußen die Waschmaschinen rumpelten, begann im Waschsalon eine kleine neue WG-Geschichte.
Ende Teil 79
Am Montag geht’s weiter um 30.00 Uhr