
Radio QueerLive – Eine Berliner Liebesgeschichte
Teil 54:
„Sturm und Entscheidung“
Die Polizeistation von Malondo war stickig, der Fernseher flackerte in der Ecke. Philipp und Tom saßen erschöpft hinter Gittern. Der Polizist im Raum kniete wieder einmal, die Stirn am Boden, und murmelte Gebete.
Auf dem Bildschirm erschien der Präsident von Zambora, neben ihm der dicke Medizinmann. Zwischen ihnen, auf einem goldenen Kissen, saß Willi – der blaue Baumwaran.
Der Präsident breitete die Arme aus: „Seht her! Der heilige Gott ist zu uns zurückgekehrt. Von nun an steht er auf der Seite Zamboras und er gehorcht mir.“
Kaum hatte er den Satz beendet, schnellte Willi wie ein Pfeil nach vorn – schnapp! – und verbiss sich mit voller Kraft in den dicken Finger des Präsidenten.
„Aaaaaaaaaaaah!“, schrie dieser und wedelte panisch mit der Hand, während der Medizinmann hastig unverständliche Sprüche murmelte.
Philipp starrte ungläubig, dann brach er in Gelächter aus und brüllte los.
„Tom, guck dir das an! Willi beißt den Präsidenten!“
Tom krümmte sich fast vor Freude.
„Genau der Finger, den er immer so wichtig in die Kamera hält. So sieht es aus, wenn ein Gott sauer ist. Unser Willi!“
Die Polizisten verstummten, gebannt vom Fernseher.
Ortswechsel
Berlin – Studio von Radio QueerLive
Frau Bond stand wie eine Gewitterwolke im Radiostudio.
„Die sperren meine Leute ein, weil sie sich küssen? Nicht mit mir.“
Sie griff zum Telefon und wählte.
„Sabine? Sag mir bitte, wie viel Geld fließt jedes Jahr nach Zambora.“
Am anderen Ende klang die Entwicklungsministerin nüchtern.
„Fünfzig Millionen Euro jährlich. Plus das geplante Solarkraftwerk auf Malango. Alles aus deutscher Kasse.“
Frau Bond sog die Luft ein.
„Danke, Sabine. Wir sehen uns beim nächsten Bridge-Abend.“
Sie legte auf, schnappte ihre Handtasche und raste kurz darauf mit Senderauto quer durch Berlin – direkt zur Botschaft von Zambora.
In der Botschaft von Zambora
„Halt! Sie können hier nicht rein!“ Der Pförtner sprang auf, doch Frau Bond marschierte einfach vorbei, als gehörte der Flur ihr. „Ich bin eine Katastrophe für Ihr Land, ich komme wann es mit passt.“
Sie war auf 200. Ohne zu klopfen riss sie die Tür zum Büro des Botschafters auf.
„Schönen guten Tag.“
Der Botschafter, ein breiter Mann im weißen Anzug, lächelte selbstgefällig.
Frau Bond legte sofort los. „Ich will meine Leute zurück.“
„Weshalb die Aufregung? Es geht doch nur um zwei Dämonen. Homosexuelle kommen bei uns fünf Jahre ins Gefängnis, damit sie sich nicht verbreiten.“
Frau Bond funkelte ihn an.
„Das sind meine Leute. Mitarbeiter und Hörer meines Senders!“

Der Botschafter lachte nur.
„Und? Deutschland zahlt uns trotzdem jedes Jahr. Entwicklungshilfe, egal was wir tun. Wir können machen, was wir wollen.“
Frau Bond zog ihr Handy hervor und tippte.
„Dann hören Sie jetzt genau zu.“ Sie stellte das Handy auf laut.
Sabines Stimme hallte aus dem Lautsprecher, scharf wie ein Peitschenhieb:
„Hier spricht Sabine Müller, Entwicklungsministerin. Die Entwicklungshilfe für Zambora wird mit sofortiger Wirkung eingefroren – für die nächsten vier Jahre. Das sind 200 Millionen Euro. Und das Solarkraftwerk auf Malango wird nicht gebaut. Alle Mittel werden sofort gestoppt.“
Dem Botschafter entglitt das Gesicht, er griff hektisch zum Telefon.
„Das… das darf nicht wahr sein!“
Ortswechsel
Zurück in Zambora
Wenige Stunden später öffnete sich die Zellentür in Malondo. Zwei Polizisten führten Philipp und Tom hinaus.
„Ihr seid frei. Geht. Sofort. Auf unser Land kommt eh ein schlimmes Unwetter zu. Präsident hat Gott wütend gemacht.“
Philipp und Tom taumelten, immer noch fassungslos.
„Und Willi?“ fragte Philipp stockend.
Der Polizist schüttelte nur den Kopf.
„Der Gott bleibt hier.“
Ortswechsel.
Flughafen Berlin BER
Menschen strömten durch die Ankunftshalle. Und dort stand sie: Frau Bond.
Als sie Philipp und Tom erblickten, liefen sie auf sie zu, umarmten sie fest und weinten.

Tom war total erschöpft. „Wir sind zurück.“
Philipp weinte. „Aber Willi… er ist noch dort.“
Frau Bond legte eine Hand auf seine Schulter.
„Mach dir keine Sorgen. In diesem Steinzeitland tobt gerade ein Unwetter, wie sie es seit Jahrzehnten nicht gesehen haben. Hochwasser, Sturm – und ganz ehrlich? Ich glaube, Willi weiß genau, was er tut. Heute früh traf ein Tornado Teile der Hauptstadt.“
Philipp nickte langsam. Doch in seinem Herzen blieb ein schmerzendes Loch.
Ende Teil 54
Wird Willi zurück kommen?
Morgen geht’s weiter um 20.00 Uhr.