❤️🧡💛 Philipp und Tom 💚💙💜 (64)

Eine Berliner Liebesgeschichte

Teil: 64

„Drei Freunde und der erste CSD“

Im Sender von Radio QueerLive duftete es nach frischen Heidelbeeren. Frau Bond stand in der kleinen Küche und rührte ihren Joghurt um, als plötzlich die Tür aufflog.
„Na super“, stöhnte sie gespielt genervt. „Und schon ist die Ruhe dahin. Da kommt die größte Nervensäge des Planeten!“

„Ich fühle mich geehrt – Und Hallo Frau Bond“, grinste Philipp und schnappte sich einen Löffel, als würde er gleich mitessen.

„Lass es! Das hier ist meiner.“ Frau Bond zog die Schüssel weg. „Also, was willst du?
„Zeitreise!“ Antwortete Philipp.
„Tom hat mir streng verboten, dir noch einmal Drogen zu geben.“

Philipp runzelte die Stirn. „Welche Drogen? Du hast mir nie Drogen gegeben. Tom spinnt! Seit du ihm seine Mutter zurückgegeben hast, redet er doch nur noch in den höchsten Tönen von dir.“

Frau Bond lächelte kurz, fast verlegen. „Na gut. Was schwebt dir vor? Soll ich dich zu den Neandertalern schicken?“

Philipp lachte. „Nein besser nicht, die sterben sonst früher aus.“
Dann wurde er ernst. „Mir gehen die drei Jungs aus der Mulackritze nicht aus dem Kopf. Erich, Wilhelm und Karl. Wir hab sie damals am Anhalter Bahnhof verabschiedet, als sie in die Schweiz flüchteten. Ich würde sie so gerne noch einmal sehen.“

Frau Bond schüttelte den Kopf. „Zurück in die 30er oder 40er? Keine Chance. Viel zu gefährlich.“

„Aber…“ Philipp griff nach einem letzten Strohhalm. „Du hast doch selbst gelesen, dass sie 1955 wieder nach West-Berlin kamen. Dann lass mich sie da treffen.“

Frau Bond seufzte. „Weißt du was? Schau mal in meinen Joghurt, ob die Heidelbeeren richtig verteilt sind.“

„Wie bitte?“ Philipp beugte sich über die Schüssel – und klatsch! Ihre Hand landete auf seiner Stirn.


Tauentzienstraße, West-Berlin, 1979

Philipp riss die Augen auf. Um ihn herum Menschenmassen, Schaufenster von C&A, das leuchtende Schild des KaDeWe, Gedränge, hupende Autos.

„Wo… wo sind wir?“

„West-Berlin. Tauentzienstraße. Und schau genau hin.“

Eine Gruppe von 400 Menschen bewegte sich durch die Straße. Männer hielten Männer an den Händen, Frauen hielten Frauen. Bunte Schilder, selbstgemalte Transparente, laute Rufe: „Wir sind hier, wir sind queer!“

„Das… das ist der erste CSD in Berlin“, erklärte Frau Bond.

Philipp starrte, völlig überwältigt. „Der erste Christopher Street Day? Unglaublich!“

Doch bald hörte er die Stimmen vom Straßenrand: „Schwuchteln! Verbrennen sollte man euch!“ – „Geht arbeiten, ihr Kranken!“ – Spucke flog, Hände stießen die Demonstranten.

Philipp ballte die Fäuste. „Das ist schrecklich… aber auch unglaublich mutig.“

Sein Blick wanderte, suchte verzweifelt. „Frau Bond, bist du dir sicher das ich die drei hier sehe?“

Frau Bond schaut Philipp an, was denkst du wie alt Erich, Wilhelm und Karl eigentlich sind?“

Es machte Klick bei Philipp und dann sah er sie.


Am Wittenbergplatz

Drei ältere Herren saßen nebeneinander auf einer Bank am Eingang zur U-Bahn. Ihre Gesichter gezeichnet vom Leben, doch sofort erkannte Philipp sie: Erich, Wilhelm und Karl.

„Frau Bond!“ rief er. „Da sind sie!“

Die Männer erhoben sich langsam, gingen zur Bushaltestelle. Philipp rannte los. „Ich muss da mit!“

„Philipp!“ rief Frau Bond – doch da war er schon im Bus. Die Türen klappten zu, die Klingel schrillte, und der Bus rollte davon.


St.-Matthäus-Friedhof, Yorkstraße

Die Fahrt führte bis zur Yorkstraße. Die drei Männer stiegen aus, gingen zum großen Tor des Friedhofs. Philipp folgte ihnen, sein Herz raste.

Neben dem Friedhof stand ein kleines Café. Die drei setzten sich hinein, bestellten Kaffee. Philipp nahm am Nachbartisch Platz und hörte zu.

„Erinnert ihr euch an Basel?“ fragte Erich leise. „Die erste Nacht in Freiheit…“

„Und Zürich“, ergänzte Karl. „Von dort haben wir die Proteste organisiert. Gegen Hitler, für unsere Leute in Deutschland.“

Philipp schluckte schwer. Diese Stimmen, diese Geschichten – sie gehörten zu den Helden, die er nie vergessen hatte.

Da drehte sich Wilhelm um. „Von welchem Geheimdienst waren die Frau und der Junge die uns gerettet haben, KGB, CIA?“
Seine Augen weiteten sich und er war wie erstarrt. „Um Himmels willen… das ist doch…Philipp.“

Die anderen schauten hinüber – und alle drei erstarrten.

In diesem Moment öffnete sich die Café-Tür. Frau Bond trat ein, setzte sich an Philipps Tisch.

Die drei erhoben sich, winkten. „Kommt her! Bitte, kommt her zu uns.

Am Tisch der drei.

Philipp setzte sich, kaum fähig, ein Wort zu sagen.

Wilhelm flüsterte: „Seid ihr wirklich… Philipp und Frau Bond?“

„Ja“, antwortete Frau Bond ruhig. „Philipp wollte euch wiedersehen. Also habe ich ihn hergebracht.“

Die drei Männer waren sprachlos. Tränen glänzten in ihren Augen. „Ihr… ihr seht keinen Tag älter aus als damals am Anhalter Bahnhof“, murmelte Erich. „Und wir… wir sind alt geworden.“

Philipp lachte und weinte zugleich. „Ihr habt überlebt. Ihr habt gekämpft. Ihr habt Geschichte geschrieben. Für mich seid ihr unsterblich. Ihr seid meine Helden. Ihr seid eine Generation, der meine Generation, viel zu verdanken hat.“
Irgendwie berührten diese Worte die drei älteren Herren aber es machte sie auch genauso verlegen.

Dann standen sie alle auf, umarmten sich fest. Eine Umarmung, die Jahrzehnte überwand und 10 Minuten ging. Die drei hielten Philipp in ihren Armen.

Am Ende legte Karl seine Hand auf Philipps Schulter. „Für euch haben wir das gerne getan.“

Erich lächelte. „Unser größter Wunsch war es gewesen, euch nach dem Krieg zu treffen und zu wissen das ihr sicher überlebt habt.“

Karl fragte Phillipp und Frau Bond von welchem Datum und Adresse sie abgereist sindy machte sich Notizen. Das machte für Phillipp und Frau Bond zwar keinen Sinn aber sie sagtest es ihnen.

Wilhelm freute sich. „Und ihr habt überlebt mit eurer Zeitreise. Durch euch haben wir gekämpft. Die Gedanken an euch waren unsere Kraft.“

Die drei schauten sich an und dann sahen sie auf Phillipp. „Bitte, komm nicht mehr zurück in unsere Vergangenheit. Die Zukunft gehört euch. Baut sie auf. Macht sie besser. Und behaltet uns in Erinnerung, wie wir in der Mulakritze gefeiert haben.“

Frau Bond nickte. „Das war auch mein Gedanke.“

Die drei verabschiedeten sich, gingen langsam hinaus, durch das Tor zurück auf den Friedhof. Philipp und Frau Bond blieben zurück – schweigend, bewegt, dankbar.

Frau Bond wollte gerade ihre Hand heben und Philipp auf die Stirn klatschen, da schaute er sie mit traurigen Augen an. „Lass uns bitte noch ein wenig verweilen. Unsere Gegenwart haben wir noch lange genug aber diesen Moment nicht.“

Frau Bond legte ihre Hand auf den Tisch. „Haben sie hier eigentlich Erdbeerkuchen? Der muss hier wunderbar schmecken.“


Zurück im Studio

Beide waren wieder im Sender angekommen, als es klingelte und dort ein Mann im schwarzen Anzug stand. „Notar Müller und Sohn. Wir haben hier ein Testament das am 4. September um 16.00 Uhr vollstreckt werden soll.“

Frau Bond und Philipp fielen die Kinnlade runtery sie baten den jungen Mann rein.

„Ich habe hier ein Testament für Sie Philippy ich lese es ihnen vor.“

Betty und Philipp sahen sich kurz any dann ging ihr Blick auf den Notar.

„Lieber Philipp, liebe Frau Bond.
Wir verdanken euch unsere Rettung und das wir den Horror überlebt haben. Viele Jahrzehnte haben wir an euch gedacht, dass ihr den Krieg überlebt habt und dann kam der Juni 1979.
Wir haben unsere kleinen Renten gespart und möchten euch 9999 D Mark schenken. Jeder von uns hat 3333 Mark gesparty die wir euch schenken wollen.
Im Brief ist ein Schweizer Nummernkonto das euch hier und jetzt übergeben wird.

Danke
In Liebe Erich, Wilhelm und Karl“.

Philipp und Frau Bond lagen sich in den Armen und heulten wie Schlosshunde.

Der Notar verstand die Welt auch nicht aber gab die Unterlagen den beiden.

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Ende Teil 64

Am Wochenende machen Philipp und Tom frei, sie melden sich am Montag um 20 Uhr zurück.

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Nachtrag

Mit dieser Geschichte möchten wir uns bei einer Generation von queeren Menschen bedanken, der wir viel zu verdanken haben und deren Leben nicht einfach war. Wir reden nicht nur von den Opfern der NS Zeit, sondern meinen auch die vielen der Nachkriegszeit.
Die Geschichte sollte uns zeigen, uns von keiner politischen Partei vereinnahmen zu lassen.

Erich, Wilhelm und Karl stehen für diese Generation. Unsere Helden heißen Uli, Hans-Peter, Jörg, Thorsten, Collin, Charlotte und OvO.

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