❤️🧡💛 Philipp und Tom 💚💙💜 (34)

Radio QueerLive – Eine Berliner Liebesgeschichte
Teil 34:

„Bitte gehen Sie ran“

Die Vorlesung war trocken.
Kommunikationstheorie III – semiotische Systeme und diskursive Brücken.
Philipp saß in der dritten Reihe, neben sich ein aufgeschlagenes Notizbuch, sein Handy stumm. Dachte er.

Dann vibrierte es.
Einmal.
Zweimal.
Und schließlich: Klingeln.

Eisige Stille.
Der Professor drehte sich um, Blick wie Granit.
„Herr Brandt“, sagte er betont langsam, „wenn Sie schon Aufmerksamkeit wollen, dann gehen Sie bitte ran. Jetzt.“

Philipp spürte, wie ihm das Herz in die Kniekehlen rutschte.
Auf dem Display: Dr. med. R. Behrens – Klinik Brandenburg.
Er nahm ab. „Hallo?“
Wenige Worte. Klar. Scharf.

„Ihre Mutter wurde gestern Abend eingeliefert – Intensivstation. Zustand kritisch.“

Philipps Körper schaltete auf Standbild.
Der Professor klopfte mit Kreide ans Pult.
„Was ist los, Herr Brandt? Sollen wir alle zuhören?“
Philipp hob den Kopf. „Meine Mutter … liegt in Brandenburg auf der Intensivstation.“
Eine beatlose Sekunde.
Dann der Professor, knochentrocken:
„Dann möchte ich Sie für den Rest der Woche nicht mehr sehen. Los jetzt.“

Brandenburg, eine Stunde später

Das Krankenhaus war grau – von außen, von innen, und in Philipps Brust.
Ein Arzt führte ihn schweigend zur C-Station.
Seine Mutter lag blass im Bett, Infusionen am Arm.
Darauf: ein 15 cm großer, tief schwarz-violetter Fleck.

„Extrem aggressive Haarwurzelentzündung“, erklärte der Arzt. „Die Entzündung löst eine Sepsis aus.“
Philipp beugte sich näher.
„Was sind das für Punkte?“
„Welche?“
„Zwei gelbe Punkte – genau in der Mitte.“

Der Arzt folgte seinem Finger, verstummte.
„Das könnte … ein Biss sein.“
„Ein Spinnenbiss“, sagte Philipp tonlos.

Er griff zum Handy.

Anruf bei Tom

„Hey, alles okay?“, fragte Tom.
„Du musst was für mich tun.“
„Alles.“
„Fahr nach Hause. Pack Willi in seinen Reiserucksack und komm sofort zur Wohnung meiner Mutter.“
„Den blauen Drachen? In einen Rucksack? Ich?“
„Ja.“
„Philipp, Willi hält meine Finger für Würmer.“
„Trag Handschuhe.“
„Hab keine.“
„Nimm die Grillzange.“
„Oh Gott.“
„Bitte. Ich erklär’s dir später, aber ich brauche ihn.“
Tom seufzte: „Bin unterwegs – und will nachher Mitleid.“
„Du kriegst alles.“

Philipp legte auf, sah den Arzt an.
„Ich melde mich, sobald ich weiß, welche Spinne gebissen hat.“
„Wie wollen Sie das herausfinden?“
„Ich bringe den besten Experten mit, den ich kenne.“

In der Wohnung der Mutter

Philipp schloss auf. Stille.
Im Wohnzimmer stand Frau Wessendorf, Nachbarin von gegenüber, Blümchenbluse, Wärmflasche in der Hand.

„Gut, dass Sie da sind“, sagte sie. „Ich packe Ihrer Mutter ein paar Sachen.“
Philipp nickte mechanisch.
„Wo waren Sie gestern Abend?“
„Im Aldi – Bananen im Angebot. Drei Kilo für 1,99.“
Philipp schluckte. „Diese Bananen … sind die hier?“
„Natürlich, Vitamine!“

Er wurde bleich.
„Frau Wessendorf, Sie müssen sofort die Wohnung verlassen. Hier ist eine hochgiftige Spinne – akute Lebensgefahr.“
„Ei-ei-eine S-Spinne?!“
„Bitte gehen Sie.“
Sie ließ die Wärmflasche fallen und flüchtete aus der Tür.

Philipp atmete durch, ging in die Küche.
Auf dem Tisch – die offene Aldi-Tüte. Gelbe Bananen.

Oben drauf saß sie.


Groß, dunkel, behaarte Beine, zwei gelblich schimmernde Punktaugen. Unbeweglich, lauernd.

Philipp erstarrte.
Dann flüsterte er in Richtung Flur:

„Tom? Mach schneller …“

Fortsetzung folgt in Teil 35 🕷️🦎 – Ein schwarzer Fleck, zwei gelbe Punkte und ein Waran als letzte Hoffnung.

Ende Teil 1
Morgen geht’s weiter um 20:00 Uhr.