
Radio QueerLive – Eine Berliner Liebesgeschichte
Folge 41:
„Der Biss der Wahrheit“
Die Gruppe stieg schweigend die steinernen Stufen vom Turm hinunter. Draußen prasselte der Regen weiterhin auf das Dach der Burg Hexenstein, drinnen knarzten die Wände wie atmende Wesen. Philipp lief vorneweg, ein seltsames Grinsen im Gesicht. Tom ahnte bereits, dass Philipp etwas plante.
„Weißt du, Tom“, sagte Philipp plötzlich – laut und übertrieben betont –, „ich hab mir überlegt, mein neues Handy lieber in den Rucksack zu packen. Sicher ist sicher. Nicht dass hier jemand wieder nachts rumschleicht wie ein Geist!“
Tom hob die Augenbraue. „Aha.“
„Und auch die 2000 Euro für die Kunstmesse morgen. Ja, ich trag das Bargeld lieber nah am Rücken.“
„Klar… gute Idee“, sagte Tom zögerlich. Die anderen warfen ihm verwunderte Blicke zu.
„Ach! Und die Taschenuhr von Opa, mit echtem Goldrand. Die kommt auch besser in den Rucksack.“ Philipp tätschelte demonstrativ den Reißverschluss.
Gustav flüsterte an Jakob: „Hat er den Verstand verloren, was hat er getrunken, oder ist das ein Köder für den Geist?“
Jakob: „Wenn das ein Köder ist, dann ein verdammt lauter.“
⌚ Später – nachts, im Zimmer von Philipp und Tom
Der Wind pfiff durch die alten Fensterrahmen. Das Feuer im Kamin war nur noch ein Glimmen. Philipp lag an Tom gekuschelt, der kaum ein Auge zubekam.
„Glaubst du… es klappt?“, flüsterte Tom.
„Wenn jemand zuhört, dann ja.“
„Ich… ich hab ein bisschen Angst, ehrlich gesagt.“ Meinte Tom.
Philipp küsste ihn auf die Stirn. „Ich bin da. Und Willi auch.“
Tom schnaubte leise. „Beruhigend.“
3:26 Uhr
Knarr.
Die Zimmertür bewegte sich nicht. Aber… in der Wand: ein leises, schleifendes Geräusch.
Dann: Schritte. Leise, aber unregelmäßig. Etwas schabte über den Boden.
Tom klammerte sich an Philipp. „Da ist jemand! Der Geist kommt.“
Philipp griff langsam unter die Decke zu seiner Taschenlampe.
Schluck… Schlurf… KLACK.

Ein höllischer Schrei zerriss die Stille.
Tom riss das Licht an –
und da stand sie: eine zottelige alte Frau in Nachthemd und Regenjacke, mit irrem Blick und blutender Hand.
„AUAAAA!!!“, schrie sie. „Das Tier hat mich gebissen!!“
An ihrer Hand hing Willi, der blaue Baumwaran, mit blitzenden Augen.
„Was… was ist das?!“, keuchte sie.
Philipp setzte sich seelenruhig auf und gähnte.
„Ach übrigens: Das ist Willi. Ein blauer Baumwaran. Und hoch giftig. Und er mag es überhaupt nicht, wenn man nachts in seinen Rucksack greift.“
Sie keuchte. „G-giftig?!“
Philipp sah sie kühl an. „Oh ja. Ohne Gegenmittel haben Sie jetzt fünf Stunden. Höchstens. Und hier im tiefen Wald, gibt es keins.“
„Ich… ich hab die Sachen hier!“ Die Frau warf hastig einen alten Rucksack auf den Boden und kippte ihn aus: Handys, Portemonnaies, Kleingeld, sogar ein Lippenstift von Frau Bond.
Philipp pfiff einmal. Willi ließ los, sprang elegant zurück in den Rucksack, rollte sich zusammen und schloss die Augen.
Tom starrte die Frau an. „Wer sind Sie überhaupt?“
„Ich… ich bin die Ex-Frau von Heim. Ich wohne hier. Heim weiß es nicht. Ich schleiche nur nachts…“
Philipp: „Dann schleichen Sie in Zukunft woanders.“
Und dann, bevor sie ging, sagte er noch leise hinterher:
„Ach so. Blaue Baumwarane sind nicht giftig. Nur ziemlich bissig.“
⌚ Am nächsten Morgen – beim Frühstück
Frau Bond hielt gerade ihre Tasse, als Philipp und Tom mit einem Tablett hereinkamen.
Darauf: Jakobs Portemonnaie, Gustavs Handy, ein ganzer Haufen fehlender Gegenstände.

„Ähm… das ist mein Portemonnaie!“, rief Frau Bond. „Ich wusste gar nicht, dass es weg war!“
Jakob: „Und mein Handy!“
Gustav: „Und meine Powerbank! Was war das für ein Krach nachts bei euch im Zimmer? Ich dachte nur, was für ein Sex ist das “
Philipp grinste. „Ihr habt die Nacht verpasst. Und wir hatten keinen Sex.“
Tom schaute zu Phillipp. „Komm du mir Mal nach Hause.“
Frau Bond trank ihren Kaffee in einem Zug aus.
„Ich habe beschlossen“, sagte sie dann, „diese Redaktionsfahrt hiermit zu beenden. Wir fahren heute zurück.“
„Sofort?“, fragte Jakob.
„Sobald die Dampflok schnauft.“
Tom lehnte sich zurück.
„Ich hab nichts gegen Abenteuer. Aber auf ’ner Kriminalburg übernachten? Muss ich nicht nochmal haben.“
Philipp: „Wenigstens wissen wir jetzt, dass Willi wirklich nützlich ist. Ach und ich bin gespannt was mich erwartet bei uns?“
Willi rührte sich in seinem Rucksack und fauchte kurz im Schlaf.
Ende Teil 41
Morgen geht’s weiter um 20.09 Uhr