
Das Geheimnis aus dem Eldorado-Salon
Es gibt Menschen, die älter werden.
Und es gibt Frau Bond.
Wenn man sie fragt, wie alt sie ist – eine Frage, die mutigere Journalisten in Karrierenot und Kellner in Tränen gestürzt hat – antwortet sie mit der unerschütterlichen Gelassenheit einer Frau, die sich selbst erfunden hat: „29 plus X.“
X ist dehnbar. X ist flexibel. X ist ein Staatsgeheimnis.
Doch nun, oh Berliner Wunder, sind da einige Bilder aufgetaucht.
Ein Fundstück der Geschichte.
Aufgenommen Anfang der 1920er Jahre, nicht etwa auf der Tanzfläche, sondern im Salon des ehemaligen Eldorado – dort, wo man Cognac trank und Bonmots servierte.
Wo Damen in Herrenanzügen Gedichte vortrugen und Herren in Federn über Politik stritten. Und mittendrin: Frau Bond.
Sie sitzt auf einem Stuhl und am Klavier, aber nicht lässig genug, um unbemerkt zu bleiben.
Ein schwarzes Kleid – schlicht, elegant, gefährlich ruhig.
Auf dem Kopf: ein kleiner Hut, unschuldig wie ein Sonntagsspaziergang, aber schief genug, um Fragen zu stellen.
In der Hand: ein Glas Martini und eine Olive.
Auf den Lippen: ein Lächeln, das Theodor Heuss zur Unsicherheit gebracht hätte.
Neben ihr ein flüchtiger Schatten, der stark an Magnus Hirschfeld erinnert. Auf der Rückseite des Fotos steht mit Tinte:
„Frl. B. – stets in Schwarz. Immer mit Hut. Lacht nie zweimal über denselben Witz.“
Die Historiker sind irritiert.
Die Presse spekuliert.
Frau Bond? Schweigt.
Und wieder schweigt das X.
Nachtrag:
Gerüchten zufolge befindet sich im Stadtarchiv von Wien ein weiteres Foto – diesmal 1924, Café Central.
Eine Dame im kleinen Hut spielt Schach mit Karl Kraus. Codename: B.
Die Chronologie knickt.
Aber Frau Bond? Bleibt 29.
Unsere kleine Satire zum Wochenende.
Schöne Pfingsten wünscht euch:
Radio QueerLive
Die Redaktion