
Entscheidung über Budapest Pride – Ungarns Polizei als Zensor der Vielfalt?
In Ungarn spitzt sich die Debatte um LGBTQ-Rechte erneut zu. Im Zentrum steht diesmal der Budapest Pride, dessen Durchführung am 28. Juni durch die ungarische Polizei noch ungewiss ist. Auslöser ist ein juristisches Tauziehen zwischen dem liberalen Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony und der rechtsnationalen Regierung von Premierminister Viktor Orbán.
Eine kommunale List?
Karácsony hatte Anfang der Woche angekündigt, den Pride-Marsch in diesem Jahr als städtische Veranstaltung durchzuführen. Damit sollte das im März 2025 verabschiedete Gesetz umgangen werden, das der Polizei die Befugnis gibt, LGBTQ-Veranstaltungen unter Berufung auf den „Kinderschutz“ zu untersagen. Die Polizei erklärte daraufhin, sie werde dennoch über die Rechtmäßigkeit des Marsches im Rahmen des Versammlungsgesetzes entscheiden – unabhängig vom kommunalen Charakter.
Die Regierung sieht in Karácsonys Vorstoß einen politischen Winkelzug. Orbáns Stabschef Gergely Gulyás warf dem Bürgermeister vor, „einen Trick“ anwenden zu wollen, um ein aus ihrer Sicht berechtigtes Gesetz zu umgehen. Die Polizei prüfe nun, ob die Veranstaltung gegen das neue Kinderschutzgesetz verstoße.
Ein Gesetz mit doppeltem Boden
Das besagte Gesetz ist Teil einer Reihe von Maßnahmen, die die Regierung Orbán seit Jahren gegen die LGBTQ-Community durchsetzt. Es erlaubt nicht nur die Untersagung von Veranstaltungen mit LGBTQ-Bezug, sondern auch die Überwachung der Teilnehmer durch Gesichtserkennungstechnologie. Kritiker sprechen von einem Gesetz mit repressivem Charakter, das nicht dem Kinderschutz, sondern der politischen Ausgrenzung dient.
Internationale Organisationen und Menschenrechtsgruppen verurteilen das Gesetz als einen klaren Angriff auf die Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Auch die EU hat mehrfach rechtliche Schritte gegen Ungarn eingeleitet – bislang mit begrenztem Erfolg.
Der Pride als Symbol
Der Budapest Pride ist längst mehr als ein politischer Marsch. Er ist ein Symbol für Freiheit, Vielfalt und Widerstand gegen autoritäre Tendenzen – nicht nur in Ungarn, sondern in ganz Osteuropa. Dass ausgerechnet in der ungarischen Hauptstadt, die sich als weltoffen und tolerant präsentiert, um die Durchführung einer Pride-Parade gerungen werden muss, zeigt den wachsenden Riss zwischen kommunaler Selbstverwaltung und zentralstaatlicher Kontrolle.
Was steht auf dem Spiel?
Sollte die Polizei den Pride tatsächlich untersagen, wäre das ein weiterer Schlag gegen die Rechte sexueller Minderheiten in Ungarn – und ein klares Signal an andere Staaten mit autoritären Ambitionen. Zugleich könnte ein Verbot auch zu internationalem Protest führen und die Kluft zwischen Ungarn und seinen westlichen Partnern weiter vertiefen.
Karácsony erklärte, man wolle „sichtbar machen, dass Budapest eine Stadt für alle ist“ – unabhängig von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität. Die kommenden Tage werden zeigen, ob diese Botschaft gehört wird – oder ob staatliche Zensur erneut die Oberhand gewinnt.
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Die Redaktion