USA streichen LGBT-Suizidpräventionsdienst

Kritik an Rückschritt im Pride Month

Inmitten des diesjährigen Pride Month sorgt die Entscheidung der US-Regierung, ein spezielles Unterstützungsangebot für LGBTQ+-Jugendliche bei psychischen Krisen einzustellen, für breite Empörung. Die Maßnahme betrifft den Dienst „Press 3“ innerhalb der nationalen Suizidpräventionshotline 988, der 2022 als separate Anlaufstelle für queere Jugendliche eingerichtet wurde. Ab dem 17. Juli 2025 wird dieses Angebot eingestellt – nach Angaben der Regierung, weil die allgemeine Hotline ausreiche.

Rückzug unter dem Deckmantel der Integration

Die Behörde für psychische Gesundheit (SAMHSA) erklärte, man wolle Dienste künftig „nicht mehr segmentieren“, sondern Hilfe für alle Jugendlichen in einem System bündeln. Kritiker werten dies jedoch als politisch motivierten Schritt, der gezielt eine marginalisierte Gruppe trifft.

Besonders umstritten ist das Timing der Ankündigung: Nur wenige Wochen nach der erneuten Amtsübernahme von Donald Trump und ausgerechnet während des Pride Month fällt die Entscheidung – viele betrachten dies als Provokation und Symbolpolitik.

Ein Dienst, der Leben gerettet hat

Seit seiner Einführung 2022 in Zusammenarbeit mit der LGBTQ+-Hilfsorganisation The Trevor Project hat die „Press 3“-Option rund 1,3 Millionen Kontakte (Anrufe, Chats, Textnachrichten) von hilfesuchenden LGBTQ+-Jugendlichen erhalten. Studien zeigen, dass queere Jugendliche ein deutlich erhöhtes Risiko für Depressionen und Suizidversuche tragen – Transgender-Jugendliche etwa viermal häufiger als ihre cisgender Altersgenossen.

Eine CDC-Analyse aus dem Jahr 2024 ergab, dass über ein Viertel der trans Jugendlichen mindestens einmal ernsthaft versucht hat, sich das Leben zu nehmen.

Massive Kritik aus Zivilgesellschaft und Politik

Die Entscheidung stößt auf heftigen Widerstand:

The Trevor Project bezeichnete die Maßnahme als „verheerenden Rückschritt“ und forderte den Kongress auf, zu intervenieren.

Auch republikanische Abgeordnete wie Mike Lawler kritisierten die Abschaffung. „Diese jungen Menschen brauchen spezialisierte Hilfe, nicht pauschale Lösungen“, erklärte Lawler.

LGBTQ+-Aktivisten und Gesundheitsexperten warnen vor einem Anstieg seelischer Notfälle ohne niedrigschwellige, identitätsnahe Anlaufstellen.

Politische Agenda oder Fürsorge?

Die Trump-Regierung rechtfertigt den Schritt mit der Behauptung, das Angebot habe „Gender-Ideologie“ gefördert – ohne elterliche Zustimmung. Beobachter erkennen darin ein vertrautes Muster: Der Rückbau queerer Sichtbarkeit und Unterstützung in staatlichen Strukturen – auch sichtbar in anderen Maßnahmen, etwa dem Verbot trans-spezifischer medizinischer Versorgung in Bundesstaaten wie Tennessee.

Was bleibt?

Zwar betont die Regierung, dass die 988-Hotline weiterhin rund um die Uhr verfügbar sei – auch für LGBTQ+-Jugendliche. Doch viele befürchten, dass ohne gezielte Schulung und niedrigschwellige Identifikationsmöglichkeiten viele Betroffene sich nicht melden werden. The Trevor Project kündigte an, seinen eigenen Hilfsdienst unabhängig fortzuführen.

Ergebnis

Die Streichung der LGBTQ+-spezifischen Notrufoption ist mehr als eine technische Änderung. Sie sendet ein gesellschaftliches Signal – und könnte reale Folgen für die psychische Gesundheit junger queerer Menschen haben. Der politische Wille, Inklusion durch Vereinheitlichung zu ersetzen, wird hier auf dem Rücken der Verletzlichsten ausgetragen. Ob der Kongress diese Entscheidung rückgängig macht oder ob alternative Hilfsangebote gestärkt werden, bleibt abzuwarten. Fest steht: Die LGBTQ+-Community fühlt sich in einem Moment, der für Sichtbarkeit stehen sollte, erneut übersehen.

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Die Redaktion