Ermittlungen gegen Budapests Bürgermeister nach Pride-Parade

Symbol politischer Rebellion

Stand: 08.07.2025

Trotz eines Regierungsverbots fand am 28. Juni in Budapest eine der größten Pride-Paraden in der Geschichte Ungarns statt. Über 200.000 Menschen zogen durch die ungarische Hauptstadt – eine farbenfrohe und zugleich politische Demonstration für Vielfalt und gegen die queerfeindliche Linie der rechtsnationalen Regierung unter Viktor Orban. Nun steht nicht etwa die LGBTQ-Community im Fokus der Ermittlungen – sondern der Bürgermeister von Budapest: Gergely Karacsony.

Politischer Trick mit rechtlichen Folgen

Karacsony, einer der bekanntesten Oppositionspolitiker des Landes, hatte das staatlich verhängte Verbot durch einen rechtlich geschickten Schachzug unterlaufen. Er erklärte die Pride-Parade kurzerhand zu einer offiziellen kommunalen Feier. Damit fielen die Teilnehmer nicht mehr unter das Versammlungsgesetz – und konnten legal marschieren.

Die Polizei reagierte zunächst nicht repressiv: Entgegen der Befürchtungen vieler Beteiligter wurden keine Ermittlungen gegen die Demonstrierenden eingeleitet. Auch das befürchtete massenhafte Verhängen von Bußgeldern – bis zu 500 Euro pro Person – blieb aus. Stattdessen richtet sich der staatliche Fokus nun allein auf Karacsony.

Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs?

Seit vier Tagen wird gegen den Bürgermeister ermittelt. Ihm wird vorgeworfen, durch die Umetikettierung der Veranstaltung in eine Stadtfeier die gesetzliche Grundlage vorsätzlich umgangen zu haben. Laut ungarischem Recht droht Veranstaltern bei einem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Karacsony selbst schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Die Polizei erklärte, die Organisatoren hätten die Bürger über die tatsächliche Rechtslage getäuscht. Diese Aussage wirft Fragen auf – war Karacsonys Vorgehen ein legitimer Protest gegen ein repressives Gesetz oder ein bewusster Rechtsbruch?

Symbol des Widerstands

Die Ermittlungen gegen Karacsony zeigen einmal mehr, wie angespannt das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition in Ungarn ist. Während Premierminister Orban seit Jahren LGBTQ-Rechte einschränkt und mit nationalkonservativer Rhetorik regiert, setzt Karacsony auf offene Gesellschaft und zivilen Ungehorsam. Die diesjährige Pride wurde so zum Schauplatz eines symbolischen Machtkampfs – zwischen staatlicher Repression und bürgerlicher Freiheit.

Für viele war die Parade mehr als nur ein Protest gegen Diskriminierung: Sie war ein deutliches Zeichen der Solidarität und des zivilgesellschaftlichen Widerstands. Regenbogenfahnen wehten neben ungarischen Flaggen – ein Bild, das die Regierung so nicht vorgesehen hatte.

Ausblick: Politisches Nachspiel wahrscheinlich

Wie die Ermittlungen gegen den Bürgermeister ausgehen, bleibt offen. Doch die politische Signalwirkung ist unübersehbar: In einem Land, in dem Opposition zunehmend kriminalisiert wird, wird zivilgesellschaftliches Engagement zur mutigen Tat.

Karacsony könnte im Falle einer Verurteilung nicht nur sein Amt, sondern auch seine politische Karriere riskieren – doch für viele ist er bereits jetzt ein Symbol für den Mut, gegen staatliche Willkür aufzustehen.

Die Budapester Pride 2025 markiert einen Wendepunkt

Sie zeigt, dass kreativer Protest auch unter autoritären Bedingungen möglich ist – und dass einzelne politische Akteure bereit sind, dafür persönliche Risiken in Kauf zu nehmen. Doch ob dieser Akt der Zivilcourage am Ende strafrechtliche Konsequenzen haben wird, entscheidet sich in den kommenden Wochen.

Radio QueerLive
News-Redaktion