
Verbot queerer Symbole sorgt für Proteste an katholischer Schule
Köln
Was als feierliche Eröffnung des neuen Erzbischöflichen Bildungscampus in Köln-Kalk geplant war, endete in einem handfesten Eklat. Beim Festakt mit Kardinal Rainer Maria Woelki wurde ein Verbot queerer Symbole ausgesprochen – ausgerechnet einen Tag nach dem bunten und friedlichen Christopher Street Day (CSD) in Köln. Der Versuch, die Regenbogenfahne aus dem Klassenzimmer und von der Kleidung zu verbannen, stieß auf Widerstand – und entlarvt eine Kirche im Konflikt mit der Vielfalt ihrer eigenen Gemeinschaft.
Offizielle Linie: Keine „gesellschaftlichen Kontroversen“
Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete, erhielten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bildungscampus im Vorfeld der Einweihung klare Anweisungen: Regenbogen-Symbole seien beim Gottesdienst und der anschließenden Zeremonie nicht erwünscht. Die offizielle Begründung: Man wolle „gesellschaftliche Kontroversen bei diesem festlichen Anlass außen vor lassen“.
Diese Entscheidung fiel genau einen Tag nach dem CSD, bei dem Hunderttausende Menschen in Köln friedlich für queere Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Liebe demonstrierten.
Eltern und Schüler:innen setzen ein Zeichen
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Zahlreiche Eltern protestierten gegen das Verbot. Viele erschienen demonstrativ mit Regenbogen-Ansteckern, Aufnähern oder T-Shirts zur Veranstaltung. Am Morgen wehte sogar kurzzeitig eine Regenbogenfahne aus einem Klassenzimmerfenster – bis sie umgehend entfernt wurde.
Besonders emotional wurde es, als zwei Grundschülerinnen, die als Messdienerinnen eingeplant waren, ihre Regenbogen-Sticker abnehmen sollten. „Meiner Tochter wurde gesagt, der Kardinal wolle das nicht sehen“, schilderte ein betroffener Vater.
Gemeindereferentin verweist: „Ein Symbol der Freiheit wird kriminalisiert“
Marianne Arndt, Gemeindereferentin der benachbarten Gemeinde Vingst/Höhenberg, zeigte sich entsetzt über das Vorgehen. Als sie selbst Regenbogen-Sticker an Besucher:innen verteilte, wurde sie vom Gelände verwiesen.
„Ein Schulrat des Erzbistums hat mich ins Visier genommen und an den Fachbereichsleiter weitergeleitet. Dieser hat mich dann aufgefordert, sofort das Gelände zu verlassen“, so Arndt. „Ich habe das restriktive Vorgehen als psychische Gewalt empfunden.“
Sie kritisierte scharf, dass ein Symbol für Frieden, Toleranz und Menschenrechte ausgerechnet an einer katholischen Schule als Störung empfunden werde:
„Wo kommen wir hin, wenn der Träger dieser Schule schon bei der Eröffnung so agiert? Das ist nicht nur beschämend – es ist ein fatales Signal.“
Ein Campus für alle – aber nicht für alle sichtbar?
Der neue Bildungscampus soll laut Eigenbeschreibung ein Ort „für alle jungen Menschen“ sein, unabhängig von Herkunft, sozialem Status oder Religion. Dass ein simples Zeichen der queeren Community als „kontrovers“ eingestuft und verboten wird, steht im krassen Widerspruch zu diesem Anspruch.
Während die katholische Kirche in Deutschland vielerorts Schritte auf queere Gläubige zugeht – etwa durch Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare oder neue pastorale Initiativen – wird der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki, immer wieder für seine erzkonservativen Positionen kritisiert. Auch sein Umgang mit Missbrauchsaufarbeitung und seine ablehnende Haltung gegenüber queerer Inklusion sorgen seit Jahren für Spannungen – innerkirchlich wie gesellschaftlich.
Nach dem CSD: Das andere Gesicht von Köln
Nur 24 Stunden zuvor hatte Köln sich beim Christopher Street Day erneut als bunte, solidarische Stadt gezeigt. Hunderttausende feierten friedlich – unterstützt von Stadtverwaltung, Polizei und Kirchenvertreter:innen aus liberaleren Gemeinden.
Der Vorfall an der katholischen Schule wirft nun einen Schatten auf dieses Bild – und zeigt, wie groß der Graben noch immer ist zwischen gesellschaftlicher Realität und institutioneller Engstirnigkeit.
Kein Raum für Vielfalt hinter Kirchenmauern?
Der Protest von Eltern, Schüler:innen und Gemeindemitgliedern zeigt: Die queere Community lässt sich nicht ausblenden – und nicht aus dem Klassenzimmer vertreiben. Wer Toleranz und Nächstenliebe predigt, muss sie auch leben – nicht nur auf dem Papier, sondern sichtbar. Die Schule mag neu sein – doch ihr Umgang mit Vielfalt wirkt erschreckend alt.
Radio QueerLive
News-Redaktion