
Gericht erkennt erstmals gleichgeschlechtliches Paar als Familie an
Es ist ein Meilenstein, der inmitten eines vom Krieg gezeichneten Landes Hoffnung schenkt: Erstmals in der Geschichte der Ukraine hat ein Gericht ein gleichgeschlechtliches Paar offiziell als Familie anerkannt. In einem Land, das bislang keine rechtliche Grundlage für gleichgeschlechtliche Partnerschaften kennt, bedeutet dieses Urteil weit mehr als nur einen juristischen Präzedenzfall – es ist ein Signal für Gleichberechtigung, für Wandel und für Liebe in Zeiten des Ausnahmezustands.
Ein Paar, ein langer Weg – und ein historisches Urteil
Zoryan Kis, Diplomat im Dienst der israelischen Botschaft in Kiew, und sein Ehemann Tymur Levchuk sind seit 2013 ein Paar. 2021 heirateten sie in den USA – eine rechtliche Absicherung, die ihnen in der Ukraine bislang verwehrt blieb. Als Levchuk seinen Mann im diplomatischen Dienst begleiten wollte, verweigerte das ukrainische Außenministerium die Anerkennung – mit der Begründung, dass ihre Ehe in der Ukraine nicht gültig sei.
Daraufhin klagte das Paar – und bekam nun in einem bahnbrechenden Urteil Recht. Das zuständige Gericht erkannte Kis und Levchuk als de facto verheiratetes Paar an – was ihnen nach ukrainischem Recht die rechtliche Stellung einer Familie einräumt.
Die Entscheidung basiert auf umfangreicher Beweisführung: gemeinsame Konten, Besitz, Urlaubsfotos, Verträge, Korrespondenz – sogar persönliche Befragungen beider Partner wurden durchgeführt. Die Richter urteilten im Sinne der Verfassung und unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der Staaten verpflichtet, gleichgeschlechtlichen Paaren rechtlichen Schutz zu gewähren.
Hoffnung für viele – ein Wendepunkt für die Ukraine?
Für die ukrainische LGBTI+ Community ist das Urteil mehr als nur eine persönliche Erleichterung für zwei Menschen – es ist ein Symbol für Anerkennung, Sichtbarkeit und rechtlichen Fortschritt. In einem Land, das in vielerlei Hinsicht für westliche Werte kämpft, wird der Ruf nach der „Ehe für alle“ immer lauter – vor allem seit Beginn des russischen Angriffskriegs.
Zahlreiche queere Soldatinnen kämpfen an der Front, ohne dass ihre Beziehungen gesetzlich abgesichert sind. Im schlimmsten Fall dürfen ihre Partnerinnen nicht ins Krankenhaus, keine medizinischen Entscheidungen treffen, nicht einmal bei Beerdigungen anwesend sein – weil sie vor dem Gesetz nicht existieren.
Das Urteil ist deshalb auch ein Appell an die Politik: Wer Gleichheit, Würde und Demokratie verteidigt, muss diese Werte nicht nur gegen äußere Bedrohungen verteidigen, sondern auch im Inneren verwirklichen.
„Endlich haben wir ein Dokument, das unsere Liebe bestätigt“
Nach dem Urteil zeigte sich das Paar überglücklich. Zoryan Kis schrieb auf Facebook: „Es ist ein großer und wichtiger Schritt in Richtung Ehe für alle, und ein kleiner Sieg für Diplomaten in der Ukraine, um als Familie glücklich zu leben.“ Endlich gebe es ein offizielles Dokument, das ihre Liebe anerkenne – ein Moment von tiefer persönlicher Bedeutung, aber auch politischem Gewicht.
Fazit: Ein kleiner Sieg – mit großer Bedeutung
Dieses Urteil ist ein Hoffnungsschimmer in einem Land, das sich nicht nur gegen eine militärische Aggression, sondern auch gegen tief verwurzelte gesellschaftliche Ungleichheiten behauptet. Es zeigt: Wandel ist möglich – auch und gerade in Zeiten der Krise.
Die Entscheidung des ukrainischen Gerichts ist ein historischer Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung. Sie beweist, dass Liebe und Familie nicht an Geschlecht gebunden sind – sondern an Fürsorge, Verantwortung und gegenseitige Anerkennung.
Der Weg zur Ehe für alle in der Ukraine ist noch lang. Aber er hat – endlich – ein festes Fundament.
Radio QueerLive
News-Redaktion