Elternzeit und Elterngeld für nicht anerkannte Elternteile

Zwischen Fortschritt und Rechtslücken

In der öffentlichen Debatte um Gleichstellung und Familienvielfalt spielt das Thema Elternzeit und Elterngeld für nicht anerkannte Elternteile eine immer größere Rolle. Während traditionelle Familienkonstellationen rechtlich abgesichert sind, stoßen Patchworkfamilien, unverheiratete Paare und insbesondere queere Familien noch immer auf bürokratische Hürden – trotz positiver Entwicklungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Wer darf Elternzeit nehmen – und wer nicht?

Ein erfreulicher Lichtblick: Für den Anspruch auf Elternzeit ist keine rechtliche Elternschaft erforderlich. Entscheidend ist, dass die Person:

mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt,

das Kind selbst betreut und erzieht.

Diese Regelung ermöglicht es auch nicht-rechtlichen Elternteilen – etwa dem Partner einer Mutter in einer lesbischen Beziehung – Elternzeit zu nehmen, selbst wenn eine Stiefkindadoption noch nicht abgeschlossen wurde.

Elterngeld: Anspruch auch ohne biologische oder rechtliche Elternschaft?

Auch beim Elterngeld zeigt sich ein offeneres Verständnis von Elternschaft. Laut § 1 Abs. 3 Nr. 1 BEEG können nicht nur leibliche oder adoptierte Elternteile Elterngeld erhalten, sondern auch deren Ehe- oder Lebenspartnerinnen. Sogar unverheiratete Partnerinnen sind bezugsberechtigt, wenn eine Stiefkindadoption angestrebt wird.

Allerdings ist diese Möglichkeit erst seit 31. März 2021 explizit vorgesehen – und auch nur unter bestimmten Voraussetzungen: Das Paar muss seit mindestens vier Jahren in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Diese Regelung stellt eine bedeutsame Anerkennung moderner Familienformen dar – insbesondere für queere Partnerschaften, die sich gegen eine Heirat entscheiden.

Die Praxis: Wenn Elterngeldstellen nicht mitspielen

Trotz klarer gesetzlicher Grundlage berichten Betroffene immer wieder davon, dass Elterngeldstellen Anträge nicht-rechtlicher Elternteile ablehnen – häufig aus Unkenntnis. In solchen Fällen lohnt sich ein Widerspruch, unter Verweis auf:

§ 1766a BGB (Stiefkindadoption in nichtehelichen Lebensgemeinschaften),

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 BEEG (Elterngeld bei geplanter Adoption durch Partner*in).

Gerade für queere Familien empfiehlt sich eine frühzeitige rechtliche Beratung, um nicht in eine bürokratische Sackgasse zu geraten.

Schwule Paare: Nach wie vor benachteiligt

Besonders schwule Paare bleiben von echter Gleichstellung weit entfernt. Da die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, kann nur einer der beiden Männer – in der Regel der biologische Vater – rechtlich als Elternteil anerkannt werden. Eine automatische Elternschaft beider Väter ist gesetzlich nicht vorgesehen. Der nicht-biologische Partner muss das Kind formell adoptieren, ein oft langwieriger und belastender Prozess.

Ausblick: Reform des Abstammungsrechts als Hoffnungsträger

Die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform des Abstammungsrechts könnte hier endlich Abhilfe schaffen. Ziel ist es, vor allem lesbischen Paaren eine automatische Anerkennung beider Mütter zu ermöglichen – ohne Umweg über Adoption. Für schwule Paare bleibt die Lage allerdings kompliziert: Ohne eine grundlegende Debatte über Leihmutterschaft und reproduktive Rechte bleibt auch die Reform eine halbe Lösung.

Zum Abschluss

Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz enthält bereits wichtige Bausteine für die Anerkennung vielfältiger Familienformen. Doch zwischen Gesetz und gelebter Praxis klafft oft eine Lücke – insbesondere für queere Paare. Eine umfassende Reform des Familienrechts, die soziale Elternschaft anerkennt und absichert, ist überfällig. Denn Familie ist längst mehr als biologische Verwandtschaft – und das sollte auch der Gesetzgeber anerkennen.

Radio QueerLive
News-Redaktion