Senegal Menschenrechte im Gegenwind

Der Fall Senegal und die stille Kapitulation des Westens

Eine geplante Veranstaltung zum Thema LGBTQ-Rechte in Senegal wurde kurzfristig abgesagt – nachdem die Regierung des westafrikanischen Landes unmissverständlich klarmachte, dass sie solche Themen nicht duldet.
Die Veranstaltung, organisiert von der UNO und der niederländischen Botschaft, sollte einen Film zeigen und Raum für Gespräche über die Rechte sexueller Minderheiten bieten. Dazu wird es nun nicht kommen.

Der Grund: Senegal drohte öffentlich mit „geeigneten Maßnahmen“ gegen Veranstalter wie Teilnehmende, unabhängig von deren Status oder diplomatischer Immunität. Die Botschaft und die Vereinten Nationen gaben schließlich klein bei. Ein Rückzug, der ebenso nachvollziehbar wie bitter ist – denn er steht sinnbildlich für das schwierige Spannungsverhältnis zwischen menschenrechtlichem Engagement und diplomatischer Realpolitik.

In Senegal sind gleichgeschlechtliche Handlungen strafbar. Bis zu fünf Jahre Haft drohen Personen, die sich – nach staatlicher Lesart – „gegen die Natur“ verhalten. 2022 wurde ein Vorstoß, die bestehenden Gesetze noch zu verschärfen, zwar abgelehnt – doch die Botschaft ist klar: Queeres Leben soll nicht existieren, nicht sichtbar sein und schon gar nicht diskutiert werden.

Dass nun eine internationale Organisation wie die UNO gezwungen ist, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, ist ein symbolischer Rückschlag – für die LGBTQ-Community im Senegal, aber auch für das Selbstverständnis westlicher Diplomatie. Die Entscheidung der niederländischen Regierung, die Absage mit „verschiedenen Faktoren“ zu begründen, wirkt ausweichend. Dahinter steckt vermutlich die Einsicht, dass eine öffentliche Konfrontation mit der senegalesischen Regierung kaum zur Verbesserung der Lage führen würde – möglicherweise aber zu einer weiteren Eskalation.

Doch genau hierin liegt das Dilemma: Je kompromissbereiter internationale Akteure gegenüber repressiven Regimen auftreten, desto größer wird der Spielraum für autoritäre Maßnahmen gegen Minderheiten. In Ländern wie Ghana, Nigeria oder Uganda haben wir zuletzt eine besorgniserregende Welle der Gesetzesverschärfungen gegen queere Menschen erlebt – unter dem Deckmantel kultureller Souveränität und „traditioneller Werte“.

Wer sich für universelle Menschenrechte einsetzt, darf jedoch nicht schweigen, wenn diese Rechte massiv eingeschränkt werden – auch nicht aus Rücksicht auf diplomatische Gepflogenheiten. Die LGBTQ-Gemeinschaft im Senegal braucht nicht nur stille Solidarität, sondern klare Zeichen der Unterstützung. Auch wenn Sichtbarkeit mit Risiken verbunden ist, bleibt sie doch ein zentrales Element im Kampf gegen Diskriminierung.

Der Rückzug der UNO und der Niederlande ist verständlich, aber schmerzhaft. Er zeigt: Die Menschenrechte geraten in vielen Teilen der Welt zunehmend unter Druck – und selbst mächtige internationale Akteure finden kaum noch den Mut, sich diesem offen entgegenzustellen. Das Schweigen mag taktisch klug sein. Gerecht ist es nicht.

Radio QueerLive
News-Redaktion