Republikaner in Ohio verschärfen Angriffe auf LGBTQ+-Jugendliche

Drag-Verbote, Outing-Zwang und Diskriminierung auf Gesetzesebene

Im US-Bundesstaat Ohio formiert sich ein besorgniserregender politischer Angriff auf die Rechte und Lebensrealitäten von LGBTQ+-Personen, insbesondere von Jugendlichen. Die republikanische Mehrheit im Parlament hat in der aktuellen Legislaturperiode eine Reihe von Gesetzesentwürfen eingebracht, die nicht nur Schutzräume für queere Schüler*innen gefährden, sondern teils verfassungsrechtlich fragwürdige Eingriffe in ihre Privatsphäre, psychische Gesundheit und gesellschaftliche Sichtbarkeit darstellen.

Zwangsouting und Beratungsverbot: Schüler*innen sollen „enttarnt“ werden

Besonders alarmierend ist der House Bill 190, der vorsieht, dass Lehrkräfte queere Schüler*innen nicht mit ihrem gewählten Namen oder ihren Pronomen ansprechen dürfen – es sei denn, die Eltern haben schriftlich zugestimmt. Ein freiwilliges oder vertrauliches Outing in der Schule wird so unmöglich. In konservativen Haushalten kann das gravierende Folgen haben: Von emotionalem Missbrauch über Rausschmiss bis hin zu psychischer Destabilisierung.

Noch weiter geht der House Bill 172, der Jugendlichen unter 18 Jahren den Zugang zu psychosozialer Beratung ohne elterliche Zustimmung verbieten will – selbst dann, wenn sie Opfer von Mobbing, Missbrauch oder psychischen Belastungen im Zusammenhang mit ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung sind. Schulen würden gezwungen, Schüler*innen, die um Hilfe bitten, zu melden – statt sie zu schützen.

Gesetzlich festgelegtes „Deadnaming“

Ein weiterer Gesetzentwurf – HB 196 – verpflichtet trans* oder nichtbinäre politische Kandidatinnen, ihren sogenannten Deadname, also den früheren Geburtsnamen, in offiziellen Wahlanträgen zu offenbaren. Kritikerinnen bezeichnen das als institutionalisierte Demütigung und einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht. Die Maßnahme folgt auf einen Vorfall 2024, bei dem mehrere trans Kandidat*innen wegen formaler Fehler disqualifiziert wurden.

Diese gesetzlich kodifizierte Diskriminierung konterkariert Fortschritte, die Ohio in der Vergangenheit bei der Anerkennung von Geschlechtsidentitäten erzielt hatte. Zwar ist es möglich, das Geschlecht in der Geburtsurkunde zu ändern – doch nur über eine gerichtliche Anordnung, was für viele ein bürokratisches und finanzielles Hindernis darstellt.

Drag unter Generalverdacht

Ein besonders drastischer Eingriff droht mit House Bill 249, der sogenannte „erwachsenenorientierte Kabarett-Aufführungen“ an Orte mit Altersbeschränkung verbannen würde. Drag-Performances in Bibliotheken, Schulen oder Theatern wären damit praktisch ausgeschlossen. Die vage Formulierung des Gesetzes zielt nicht nur auf Drag-Künstler*innen ab, sondern auf jede Form der Darstellung von Geschlechtsidentitäten abseits des binären Systems – und ist damit ein direkter Angriff auf die Sichtbarkeit queerer Kultur.

Dabei haben Bundesgerichte in Florida, Tennessee und Texas vergleichbare Gesetze bereits wegen Verstoßes gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung für verfassungswidrig erklärt.

Demokratischer Gegenentwurf: Schutz statt Repression

Ein Hoffnungsschimmer kommt von den Demokraten im Bundesstaat. Sie haben mit dem Ohio Fairness Act (SB 70) erneut einen Gesetzesentwurf eingebracht, der Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität explizit verbieten und sogenannte Konversionstherapien untersagen würde. Doch der Entwurf wurde bislang ignoriert – zum ersten Mal seit Jahren fand sich keine einzige republikanische Unterstützung.

Während Ohio sich in der parlamentarischen Sommerpause befindet, formiert sich in der LGBTQ+-Community, bei zivilgesellschaftlichen Organisationen und in Teilen der Bevölkerung der Widerstand. Viele sehen in den Gesetzesinitiativen einen Versuch, junge queere Menschen aus öffentlichen Räumen und Debatten zu verdrängen – durch Angst, Ausgrenzung und rechtlichen Druck.

Kommentar der Redaktion:

Was in Ohio passiert, ist keine Einzelfallentwicklung – es reiht sich ein in eine landesweite Strategie konservativer Kräfte, queere Identitäten zu tabuisieren, zu regulieren und letztlich aus dem öffentlichen Leben zu drängen. Besonders gefährlich ist, dass junge Menschen – ohnehin oft vulnerabel – zur Zielscheibe staatlicher Kontrolle gemacht werden. Schulen sollten Schutzräume sein, keine Orte der Überwachung.

Die Frage ist nicht mehr, ob es einen Kulturkampf gibt – sondern, wie laut die demokratische Gesellschaft bereit ist, sich diesem entgegenzustellen.

Radio QueerLive
Die Redaktion