Zensur im Namen der Einheit? – Der Rückzug von Amy Sheralds Ausstellung wirft Fragen auf

Wenn Kunst zum Politikum wird, steht mehr auf dem Spiel als Leinwand und Farbe. Die Künstlerin Amy Sherald, international bekannt für ihr Porträt von Michelle Obama, hat ihre Ausstellung American Sublime aus der National Portrait Gallery zurückgezogen – ein mutiger Schritt, ausgelöst durch politische Eingriffe in kuratorische Entscheidungen.

„Ich stehe zu meiner Arbeit. Ich stehe zu meinen Modellen. Ich stehe zu der Wahrheit, dass alle Menschen es verdienen, gesehen zu werden – nicht nur im Leben, sondern auch in der Kunst“, erklärte Sherald. Schweigen sei für sie keine Option – insbesondere nicht, wenn Sichtbarkeit und Würde auf dem Spiel stehen.

Auslöser der Kontroverse ist das Werk Trans Forming Liberty, in dem Sherald das Sinnbild amerikanischer Freiheit neu interpretiert – durch eine queere, schwarze Perspektive. Für die National Portrait Gallery war das Teil ihres Auftrags: ein vielstimmiges, inklusives Bild der Nation zu zeigen. Für das Weiße Haus offenbar ein Affront. Lindsey Halligan, Sonderassistentin des Präsidenten, nannte das Werk „spaltend“ und „ideologisch“. Er und Vizepräsident JD Vance treiben seither eine politische Säuberung öffentlicher Kulturinstitutionen voran – gestützt auf eine Durchführungsverordnung, die „woke Ideologien“ verbannen will.

Das Smithsonian bedauerte den Rückzug, betonte aber seinen Anspruch, Kunst als Raum für Auseinandersetzung zu begreifen. Doch Sheralds Absage ist mehr als eine persönliche Entscheidung. Sie ist ein Protest gegen staatlich gelenkte Kulturpolitik – und ein Appell an die Freiheit der Kunst in Zeiten wachsender ideologischer Kontrolle. Wenn Künstlerinnen wie Sherald verstummen müssten, wäre nicht nur American Sublime verloren, sondern ein Stück demokratischer Kultur.

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News Redaktion