
Radio QueerLive – eine Berliner Liebesgeschichte
Folge 47
„Willi und das Geheimnis im Keller“
Ein Wochenende später.
Die Sonne stand tief, tauchte die Bäume in warmes Licht. Am Gartentor von Frieda Sonnenbergs Grundstück öffnete sich die Holzlatte leise. Tom trat ein, dicht gefolgt von Philipp – wie immer mit seinem treuen Rucksack auf dem Rücken. Der Rucksack war leicht gewölbt. Und man konnte gelegentlich ein leises Kratz-Kratz hören.
Frieda kam ihnen lächelnd entgegen, eine Gießkanne in der Hand. „Na, meine zwei Berliner! Wieder da?“
„Wie versprochen“, sagte Philipp. „Und heute… haben wir dir jemanden mitgebracht.“
Tom grinste schief. „Er könnte dein Mausproblem lösen.“
Frieda hob die Augenbrauen. „Oh! Ihr habt eine kleine Katze geholt?“
„Äh… nicht ganz“, sagte Philipp und stellte den Rucksack behutsam auf den Gartenweg.
Er öffnete langsam den Reißverschluss – und heraus kroch ein kleiner, blauer, elegant glänzender Baumwaran. Seine Zunge schnippte neugierig durch die Luft, die Augen wackelten unabhängig voneinander, und sein Schwanz kringelte sich entspannt um die Trägergurte.
Frieda wich einen halben Schritt zurück. „Himmel! Was ist das denn? Ist der… giftig?“
„Nein, Willi ist zahm“, beruhigte Tom sie schnell. „Also… ziemlich zahm. Zumindest für seine Verhältnisse. Er hat meine Finger gerne wie Würstchen. Zumindest, wenn ich anfassen will.“
„Und er hört auf Pfeifen“, sagte Philipp stolz. „Meistens.“
Willi schnupperte an Friedas Sandalen, dann zuckte sein Körper in einem kleinen, eleganten Satz über die Stufen in Richtung Hausflur.
Frieda lachte leise. „Na, ihr bringt vielleicht Freunde mit… Ich weiß nicht, ob das so gedacht war, aber ehrlich – dieser Willi hat mehr Persönlichkeit als meine ganze Straße.“
Dann sah sie ihn nochmal an, schmunzelte. „Na gut, Willi. Dann zeig mal, was du kannst.“
Sie führte ihn durch die Seitentür in den Kellerabgang.
„Das ist mein Apfelkeller“, sagte sie. „Da unten tobt das Leben. Also… das falsche.“
Sie knipste das Licht an. „Mahlzeit.“
Willi verschwand im Halbdunkel, züngelnd, neugierig. Man hörte ein paar Krabbelgeräusche. Dann war es still.

„Ich… äh… hol dann später wieder hoch?“, fragte Frieda unsicher.
„Er kommt von allein. Wenn er satt ist“, sagte Tom trocken.
Später.
Zwei Stunden später saßen Philipp und Tom am Bauwagen. Die Hängematte wippte leicht, das Teewasser köchelte auf dem kleinen Gaskocher. Die Vögel im Apfelbaum zwitscherten lauter als üblich.
Und plötzlich… Tap. Tap. Tap.
Aus dem Kellereingang trippelte Willi. Zufrieden, träge, mit leicht rundem Bauch und einem Stück Apfelschale an der Schnauze.
Er setzte sich mitten in den Flur, leckte sich langsam die Zunge und wirkte… sehr zufrieden mit sich und der Welt.
Frieda kam mit einem feuchten Tuch angerannt. „Der ist ja wie ein kleiner Drache! Ich glaub, ich hab endlich wieder einen vollen Keller – ohne Mäuse!“
Sie beugte sich zu Willi runter.
„Na, du blauer Held? Willst du vielleicht einen Apfelschnitz?“
Willi schnippte mit der Zunge – aber blieb regungslos. Satt.
Am Abend
Später, als die Sonne längst untergegangen war, standen Frieda, Tom und Philipp noch eine Weile plaudernd auf dem kleinen Gartenweg. Die Grillen zirpten. Irgendwo knackte ein Ast.
Frieda sah plötzlich zur Uhr. „Oh je – es ist ja schon fast halb elf! Ich glaub, ich verzieh mich mal. In meinem Alter braucht man den Schönheitsschlaf. Gute Nacht, ihr zwei. Und grüßt mir euren kleinen Drachen.“
„Schlaf gut, Frieda“, sagten beide wie aus einem Mund.
„Wir hören uns morgen früh“, sagte Tom noch.
Frieda verschwand lächelnd ins Haus. Die Tür schloss sich leise.
Philipp und Tom gingen langsam zum Bauwagen.
Tom öffnete das Fenster. „Irgendwie ist das Wetter zu schön für drinnen“, murmelte er.
Philipp nickte. „Weißt du was?“ Er griff sich die zwei großen Decken vom Bett. „Komm mit – wir gehen rauf.“

Ein paar Minuten später lagen die beiden auf der kleinen Terrasse des Bauwagendachs.
Die Luft war mild, nachtblau. Über ihnen breitete sich der Sternenhimmel aus. Und als sie gerade ihre Finger ineinander schoben, zog eine Sternschnuppe leise über den Horizont.
Tom flüsterte: „Ich wünsch mir nichts. Es ist alles schon da.“
Philipp lächelte, zog die Decke ein kleines Stück höher und flüsterte zurück:
„Ich weiß.“
Und in der Dunkelheit hörte man nichts mehr – nur das Zirpen der Grillen, das Knacken eines Apfels, der irgendwo im Gras landete, und einen leisen, zufriedenen Schnaufer aus dem Rucksack am Fußende.
Ende Teil: 47
Morgen geht’s weiter um 20.00 Uhr
Fortsetzung folgt… 🌠🦎🍎