
St. Lucia –
Der Inselstaat St. Lucia hat einen historischen Wandel in der Gesetzgebung vollzogen: Der Oberste Gerichtshof hat am Dienstag die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen für verfassungswidrig erklärt und damit ein längst überfälliges Kapitel aus der Kolonialzeit geschlossen. Für die LGBTQ+-Community des Landes bedeutet das Urteil einen bedeutenden Sieg – nicht nur rechtlich, sondern auch symbolisch.
Die Entscheidung betrifft insbesondere zwei strafrechtliche Bestimmungen, die „Sodomie“ und sogenannte „grobe Unanständigkeit“ unter Strafe stellten. Beide Gesetze stammten aus britischer Kolonialzeit und richteten sich gezielt gegen homosexuelle Beziehungen – auch wenn sie im privaten und einvernehmlichen Rahmen stattfanden. Der Gerichtshof befand nun, dass diese Regelungen grundlegende Menschenrechte verletzen, insbesondere das Recht auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung sowie auf Schutz vor Diskriminierung.
Ein Meilenstein für die Region
Mit dem Urteil reiht sich St. Lucia in eine wachsende Zahl ostkaribischer Staaten ein, die in den letzten Jahren ähnliche Gesetze aufgehoben haben – darunter Antigua und Barbuda, Barbados, Dominica sowie St. Kitts und Nevis. St. Lucia ist nun das fünfte Land in dieser Region, das gleichgeschlechtliche Handlungen legalisiert hat.
Téa Braun, Geschäftsführerin der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Dignity Trust, sprach gegenüber PinkNews von einem „weiteren bedeutenden rechtlichen Meilenstein“, der weit über die Landesgrenzen hinaus Wirkung entfalten werde. Das Urteil sei ein starkes Signal für Fortschritt und Gleichheit in einer Region, die historisch von konservativen Gesellschaftsnormen geprägt ist.
Noch immer gesetzliche Diskriminierung in Teilen der Karibik
Trotz des Fortschritts bleibt der Weg zur vollständigen Gleichstellung lang: Fünf Länder in der westlichen Hemisphäre – Grenada, Guyana, Jamaika, St. Vincent und die Grenadinen – kriminalisieren weiterhin einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen. In Trinidad und Tobago wurde ein entsprechendes Verbot zwar 2018 aufgehoben, jedoch im März 2025 wieder eingeführt – ein Rückschritt, der international für Empörung sorgte.
St. Lucias Regierung schweigt – bislang
Der Premierminister von St. Lucia, Philip J. Pierre, äußerte sich bislang nicht öffentlich zu dem Urteil. Beobachter sehen darin eine vorsichtige Zurückhaltung – möglicherweise aus Rücksicht auf konservative Teile der Bevölkerung. Dennoch ist klar: Das Land steht an einem Wendepunkt, der nicht nur juristisch, sondern auch gesellschaftlich weitreichende Folgen haben könnte.
Ein Zeichen der Hoffnung
Für viele Menschen in St. Lucia – und in der gesamten Karibik – ist das Urteil mehr als ein juristischer Akt: Es ist ein Signal der Hoffnung und ein Schritt in Richtung gesellschaftlicher Akzeptanz und rechtlicher Gleichstellung. Und es erinnert daran, dass Fortschritt möglich ist – auch dort, wo er lange Zeit blockiert wurde.
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News Redaktion