❤️🧡💛 Philipp und Tom 💚💙💜 (49)

Radio QueerLive – eine Berliner Liebesgeschichte.

Folge 49

„Hamburg Pride“

(Vorwort
Was in dieser Geschichte passiert, hat das Team von Radio QueerLive dort vor einigen Jahren selbst erlebt. Außerdem möchten wir in dieser Geschichte auch an eine Person erinnern und haben sie deshalb hier mit eingebaut.
Los geht’s)

„Tom, dein Wecker hat geklingelt. Dreimal schon.“

Tom brummte unter der Decke hervor. „Das ist ein Verbrechen. Es ist stockdunkel und es ist Samstag.“

Philipp lachte leise, während er seine Schuhe in der Dunkelheit tastend suchte.

„Du wolltest Hamburg Pride. Und Flixbus um fünf, heißt Kaffee um vier. Komm, los.“

Wenig später standen sie mit müden Augen, aber erwartungsvoller Miene an der Berliner ZOB Bushaltestelle. Philipp trug seinen typischen Rucksack, darin Wasser, Sonnencreme und ein Ersatzshirt. Willi, der Baumwaran, blieb diesmal bei Frieda – der war kein Fan von Menschenmassen. Oder sollte man besser sagen, Menschenmassen waren kein Fan von ihm?

Die Busfahrt verging schneller als gedacht. Kurz nach neun Uhr rollten sie in Hamburg an, die Sonne kletterte schon mutig über die Dächer.

„Erst mal Frühstück“, sagte Tom. „Ohne Koffein funktioniere ich nicht.“

„Bist du sicher, dass du nicht nur ohne Drama nicht funktionierst?“, grinste Philipp.
Tom lachte. „Und für die Drama bist du zuständig.“

Sie fanden eine kleine Bäckerei in der Langen Reihe, bestellten Franzbrötchen und Kaffee, und saßen drinnen am Tisch.

„Ich bin gespannt, wie anders das hier ist“, sagte Philipp.
Tom nickte. „Neuer Ort, neue Menschen, aber gleiche Farben.“

Plötzlich setzten sich zwei an den Tisch zu Philipp und Tom, da die Bäckerei restlos voll war. „Können wir uns an euren Tisch setzen?“ Fragte ein kleiner Mann mit einer Schallplatte auf dem Kopf, der neben einer kleinen Frau stand.

Philipp und Tom waren sprachlos , so schrill wie die beiden aussahen, sie nickten mit offenem Mund.

Die kleine Frau lachte. „Das ist Grossi und ich bin Christine, wir stärken uns hier, bevor es auf den wunderbaren Hamburg Pride geht.“

„Okey“ hörte man Philipp stammeln, dem bei so viel Schrillheit der Mund offen blieb. Tom grinste. „Das ist der erste Hamburg Pride für Phillipp, meinem Freund. Ihr seid ja echt irre bunt angezogen.“
Grossi lachte. „Das Leben braucht Farbe und wir beide lieben den Regenbogen.“

Christine strahlte über ihr Gesicht. „Wir sind jedes Jahr in Hamburg auf dem Pride und bei euch in Berlin auf dem CSD. Ihr seid doch Berliner?“

Philipp biss gerade von seinem Brötchen ab, antwortete deshalb schmatzend. „Tommmm ja, isch komme – mmmm, ich bin Brandenburger“.
Grossi grinste, nachdem er sich ein Stück Schokolade in den Mund geschoben hat und Christine antwortete. „Na dann macht euch mal ein paar wunderschöne Stunden beim Hamburg Pride, er ist immer ein Erlebnis.“

Nächste Szene

Am Aufstellplatz der Parade war das bunte Chaos schon in vollem Gange.
Trucks wurden dekoriert, Fahnen gehisst, Lautsprecher getestet. Überall liefen Menschen in Glitzer, Leder, High Heels oder einfach barfuß durch die Straßen.

„Schau mal da!“, sagte Philipp und deutete auf einen Wagen mit einer riesigen Drag-Performance-Bühne.

„Und dort ist ein Truck mit tanzenden Verkäufern? Hamburg ist wild.“

Sie standen noch in der Nähe der Startlinie, als Philipp plötzlich innehielt.
„Tom. Siehst du den Wagen da hinten? Die Nebelmaschine da ist Wahnsinn… das ist doch kein Nebel mehr, oder?“

Ein Wagen war schon etwa 200 m hinter der Startlinie in der Langen Reihe auf der Demo.
Tom drehte sich um. „Das sieht wirklich heftig aus. Ist das normal?“

In dem Moment rannten mehrere Ordnerinnen und Ordner mit sehr ernsten Gesichtern an ihnen vorbei. Einer funkte in sein Gerät. „Abstand halten! Weg vom Fahrzeug! Ruft die Feuerwehr.“

Philipp und Tom rannten mit, in gespannter Stille. Dann sahen sie es.

Ein CSD-Wagen stand komplett in Flammen. Schwarzer Rauch quoll aus der Mitte des Fahrzeugs. Menschen schrieen, einige weinten. Es war erschütternd still, trotz der Musik im Hintergrund.

Tom zückte sein Handy. „Ich rufe Frau Bond an. Sie muss das wissen.“

Im Studio von Radio QueerLive klingelte das Telefon. Frau Bond war mit der Sendung am Nachmittag beschäftigt und nahm sofort ab.

„Bond, Tom was gibt’s?“

„Tom hier. Hamburg Pride. Ein Truck steht in Flammen. Keine Ahnung, ob jemand verletzt ist, aber es sieht ernst aus. Wagen 5 steht komplett in Flammen. Mehrere Ordnerinnen und Ordner löschen das Fahrzeug. Wir können auch schon die Feuerwehr in der Ferne hören.“

Frau Bond wurde sofort ruhig. „Alles klar. Ich bring das direkt rein. Danke, Tom.“

Im Studio leuchtete das rote „ON AIR“-Licht auf.

„Liebe Community, hier ist QueerLive. Wir unterbrechen unser Programm für eine aktuelle, leider sehr traurige Nachricht vom Hamburg Pride. Einer der Trucks hat Feuer gefangen. Niemand kann sagen, ob es Verletzte gibt. Unser Kollege Tom ist vor Ort. Bleibt ruhig, helft euch gegenseitig und passt aufeinander auf.“

Vor Ort eilte die Feuerwehr heran. Der brennende Truck wurde rasch gelöscht. Ein Ordner erlitt eine leichte Rauchvergiftung, aber sonst kam niemand zu Schaden.

„Das war knapp“, sagte Philipp leise. „Ich hab das Gefühl, mein Herz klopft bis nach Berlin.“

Tom legte eine Hand auf seine Schulter. „Und trotzdem… wir machen weiter.“

Die Veranstalter zögerten nicht lange. Ein anderer Wagen wurde spontan zum Community-Truck umgebaut, auf dem Betroffene ihre Gedanken teilen konnten. Ein älterer Mann sprach ins Mikrofon:
„Wir lassen uns nicht aufhalten. Das Feuer war schlimm, ja. Aber unsere Gemeinschaft ist stärker.“

Philipp und Tom blieben eine Weile stehen, hörten zu, beobachteten. Die Menge klatschte wieder. Zögerlich zuerst, dann entschlossen. Die Parade setzte sich erneut in Bewegung.

„Ich finde, es ist genau das, was Pride ist“, sagte Tom leise.

„Was meinst du?“

„Trotz allem zu zeigen, dass wir da sind. Dass wir weitermachen. Dass wir nicht leiser werden.“

Die Rückfahrt

Am Abend, kurz vor sechs, saßen sie wieder im Flixbus nach Berlin. Die Straßen Hamburgs zogen still am Fenster vorbei.

„Ich bin ehrlich“, sagte Tom. „Ich bin müde. Emotional, körperlich, alles.“

„Ich auch“, antwortete Philipp. „Aber ich bin froh, dass wir hier waren.“

„Und dass du mich heute früh geweckt hast.“

Philipp grinste. „Sag ich doch. Und dann diese beiden schrillen Nudeln im Bäcker, sehr süß.“

Tom lachte. „Ach ja, du meinst Christine und Grossi, die waren der pure Regenbogen.“

Philipp lehnte seinen Kopf an Toms Schulter. „Lass uns heute Abend zur letzten Busche-Party gehen.“

Tom. „Sicher? Du schnarchst fast jetzt schon.“

Philipp lächelte mit geschlossenen Augen. „Ich schnarche tanzend und bis Berlin bin ich wieder munter.“
Er lehnte seinen Kopf an Tom und schlief sofort ein.

Ende Teil 49
Morgen geht’s weiter, vielleicht mit einem Abend auf der letzten Busche Party?