
Ein aufrechter Gang ins Polizeipräsidium – begleitet von Applaus, Regenbogenflaggen und rund 200 Unterstützer:innen: So stellte sich Gergely Karácsony, Budapests Bürgermeister, in dieser Woche den Fragen der Polizei. Der Grund: seine vermeintliche Beteiligung an der Organisation des Budapest Pride, der offiziell als verbotene Veranstaltung deklariert wurde – und dennoch zur größten Pride-Parade in der Geschichte Ungarns wurde.
Vor dem Betreten der Polizeistation wandte sich Karácsony in einer kraftvollen Rede an die versammelte Menge. „Vor einem Monat haben sehr, sehr viele von uns beim Budapest Pride der ganzen Welt gesagt, dass weder Freiheit noch Liebe in Budapest verboten werden können. Und wenn sie nicht verboten werden können, können sie auch nicht bestraft werden,“ sagte er – und setzte damit ein starkes Zeichen gegen staatliche Repression und für Bürgerrechte.
Die Parade, die trotz offizieller Ablehnung durch die Regierung stattfand, wurde zu einem eindrucksvollen Akt des zivilen Widerstands. Mit über 200.000 Teilnehmer:innen – weit mehr als die erwarteten 35.000 – wurde sie zur bislang größten ihrer Art in Ungarn. Ein deutliches Signal an die Regierung von Viktor Orbán, die in den letzten Jahren immer stärker gegen LGBTQ+-Rechte vorgegangen ist.
Die politische Brisanz des Moments ließ auch Orbáns wichtigster Oppositionspolitiker nicht unkommentiert. Péter Magyar, Vorsitzender der neu gegründeten TISZA-Partei, sprach von „Ironie der Geschichte“: Dass gerade ein Verbot durch die Regierung zur größten queeren Mobilisierung des Landes geführt habe, offenbare, wie sehr sich die Menschen nach Freiheit und Sichtbarkeit sehnen.
Ungarn befindet sich seit Jahren auf einem politischen Kurs, der LGBTQ+-Rechte massiv einschränkt – mit Gesetzen, die queere Inhalte in Schulen verbieten, mit der Blockade gleichgeschlechtlicher Elternschaft und mit einer Regierungskommunikation, die Queerness systematisch als „ideologische Bedrohung“ darstellt. Umso bemerkenswerter ist die Symbolkraft der diesjährigen Parade und der politischen Haltung Karácsonys, der sich offen gegen die Regierung stellt.
Die Bilder aus Budapest zeigen nicht nur einen Bürgermeister, der sich der Polizei stellt, sondern auch eine Stadt, die nicht bereit ist, sich ihrer Vielfalt berauben zu lassen. Die Botschaft ist klar: Liebe und Freiheit lassen sich nicht verbieten – und sie lassen sich auch nicht mundtot machen.
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News Redaktion