
Die britische Billardszene wird derzeit von einem Urteil erschüttert, das über den Sport hinaus Bedeutung hat: Die transsexuelle Profispielerin Harriet Haynes hat ihren Diskriminierungsprozess gegen die English Blackball Pool Federation (EBPF) verloren. Ein Urteil, das viele als Niederlage für die Gleichberechtigung im Sport sehen – und das grundsätzliche Fragen über Inklusion, Fairness und Identität aufwirft.
Der Fall: Ausschluss trotz sportlicher Erfolge
Im August 2023 wurde Haynes von den Frauenwettbewerben der EBPF ausgeschlossen. Die Begründung: Um Fairness zu wahren, sei es notwendig, dass nur cisgeschlechtliche Frauen teilnehmen dürfen. Transfrauen, wie Haynes, sollten fortan in der offenen Kategorie antreten – zusammen mit cisgeschlechtlichen Männern und anderen trans Personen. Haynes, die sich seit Jahren als Frau identifiziert und auf höchstem Niveau spielt, sah darin eine Verletzung des Gleichstellungsgesetzes von 2010, das die Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsumwandlung verbietet.
Trotz prominenter sportlicher Erfolge – etwa dem Finaleinzug bei der „Ultimate Pool Women’s Pro Series“ im April 2025 – scheiterte Haynes mit ihrer Klage. Ein Gericht urteilte, dass der Ausschluss „der einzige vernünftige Weg“ sei, um „fairen Wettbewerb“ zu garantieren.
Die Argumente: Biologie vs. Identität
Die Debatte ist ein Spiegelbild eines größeren gesellschaftlichen Konflikts: Wie soll mit der Teilhabe von Transpersonen im Sport umgegangen werden?
Die EBPF verweist auf körperliche Vorteile, die Transfrauen durch eine männliche Pubertät potenziell behalten – etwa bei Kraft oder Bewegungsabläufen. Zwar handelt es sich bei Billard nicht um einen klassischen Kraftsport, doch Gegner argumentierten, dass selbst minimale Unterschiede – etwa in der Präzision oder Stoßkraft – den Wettbewerb verzerren könnten.
Haynes hingegen betonte mehrfach, dass Billard kein geschlechtsspezifischer Sport sei. Expertisen in ihrem Verfahren hätten belegt, dass sie keinerlei sportlichen Vorteil habe. „Ich bin eine Frau – warum sollte ich in einer Kategorie spielen müssen, die meine Geschlechtsidentität infrage stellt?“, sagte sie in einem Interview. Die offene Kategorie, in der sie als einzige Frau antreten müsste, sei für sie erniedrigend.
Juristische Entwicklungen: Ein Klima der Ausgrenzung?
Das Urteil fällt in eine Zeit zunehmender juristischer Rückschritte für trans Menschen in Großbritannien. Der britische Supreme Court entschied im April 2025, dass die gesetzliche Definition des Begriffs „Frau“ auf das biologische Geschlecht beschränkt sei. Eine Entscheidung, die weitreichende Auswirkungen für trans Frauen im gesamten Vereinigten Königreich hat – nicht nur im Sport.
Viele LGBTQ+-Organisationen äußerten sich entsetzt über das Urteil im Fall Haynes. Für sie ist klar: Die Entscheidung sendet ein gefährliches Signal, dass die Identität von trans Personen im Zweifel hinter vermeintlichen „Fairness“-Argumenten zurückstehen muss.
Eine Debatte ohne einfache Antworten
Der Fall Harriet Haynes zeigt, wie komplex die Diskussion um Trans-Inklusion im Sport ist. Es geht um weit mehr als um Regeln – es geht um Sichtbarkeit, Anerkennung und Würde. Die Frage, wie man Fairness mit Inklusion in Einklang bringt, wird Sportverbände noch lange beschäftigen. Doch eines ist sicher: Wer Menschen wie Harriet Haynes den Zugang zu Frauenwettbewerben verweigert, muss sich fragen lassen, wessen Fairness hier wirklich geschützt wird – und wessen Realität dabei ignoriert wird.
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News Redaktion