Nachruf auf Terence Stamp – Ein Chamäleon zwischen Machismo und Verletzlichkeit

Die Freundinnen und Freunde von Priscilla Königin der Wüste müssen jetzt sehr stark sein, wir haben eine traurige Meldung.

Er war das Gesicht einer Epoche: Mit markanten Zügen, aristokratischer Eleganz und einer Aura, die zwischen Verführung und Bedrohung oszillierte, zählte Terence Stamp in den Swinging Sixties zu den prägenden Schauspielern des britischen Kinos. Nun ist Stamp im Alter von 87 Jahren gestorben, wie seine Familie am Sonntagmorgen mitteilte.

Sein Debüt gab er 1962 in Peter Ustinovs »Die Verdammten der Meere«, wo er als unschuldig-reiner Matrose Billy Budd auf Anhieb eine Oscar-Nominierung erhielt. Drei Jahre später krönte ihn Cannes mit dem Darstellerpreis für seine Rolle im Psychothriller »Der Fänger«. Stamp drehte mit Pasolini, Wyler, Fellini und Schlesinger – große Namen für einen, der aus einfachen Verhältnissen im Londoner East End stammte.

Doch das Bild des britischen Schönlings verblasste Ende der Sechziger. Stamp verschwand beinahe von der Leinwand, ehe ihn Hollywood 1978 als machttrunkenen General Zod in »Superman« zurück ins Rampenlicht holte.

Und doch bleibt eine Rolle, die seinem Werk eine besondere Tiefe verlieh: Bernadette in Stephan Elliott’s Kultfilm »Priscilla – Königin der Wüste« (1994). Stamp verkörperte dort eine alternde Transfrau, die inmitten von Glitzer, Federboas und der grellen Farbigkeit des australischen Outbacks eine stille, fragile Würde verkörperte. Seine Bernadette war keine Karikatur, sondern eine Figur von großer Menschlichkeit, die zwischen Melancholie, Würde und trockenem Witz oszillierte. Für viele Kritiker und Zuschauer war dies nicht nur eine späte Sternstunde seiner Karriere, sondern auch ein Moment, in dem Stamp seinem Image des makellosen Beau eine gänzlich neue Facette hinzufügte: Mut zur Verletzlichkeit.

In »Priscilla« zeigte Stamp, dass wahre Größe in der Schauspielkunst nicht im Pathos liegt, sondern in der Fähigkeit, Menschen jenseits von Stereotypen sichtbar zu machen. Sein Spiel öffnete einen Raum, in dem queere Figuren im Kino mit Empathie und Respekt erzählt wurden – lange bevor Diversität ein Schlagwort Hollywoods wurde.

Auch danach blieb Stamp präsent: als Banker in »Wall Street«, als Verschwörer in »Operation Walküre« oder in Tim-Burton-Produktionen. Doch für viele wird er stets Bernadette bleiben – eine Figur, die ebenso tief berührte wie sie zum Lachen brachte.

Terence Stamp, der Sohn eines Heizkesselschürers, der sich aus den Ruinen des Londoner East End auf die Leinwand der Welt erhob, hinterlässt ein Werk, das von Wandel und Wagemut erzählt.

Ruhe in Frieden und danke für sehr viele abwechslungsreiche, kurzweilige Filme.

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News Redaktion