
Am vergangenen Samstag fand im Stadtzentrum von Nottingham ein eindrucksvoller Protest statt. Eine lokale Transgender-Gruppe organisierte vor dem Council House auf dem Marktplatz ein sogenanntes Die-in, um auf die Bedrohungen aufmerksam zu machen, mit denen trans Menschen derzeit in Großbritannien konfrontiert sind. Mit dieser symbolischen Aktion wollten die Aktivist*innen ein starkes Signal an die Öffentlichkeit, die Regierung und die Equality and Human Rights Commission (EHRC) senden.
Symbolischer Protest im Herzen der Stadt
Dutzende Teilnehmer legten sich regungslos auf den Boden, während aus Lautsprechern das Geräusch eines Herzschlags erklang. Ein als Sensenmann verkleideter Demonstrant, der eine Maske mit dem Gesicht des Premierministers trug, stand drohend zwischen den Körpern. Diese eindringliche Bildsprache sollte verdeutlichen, welche lebensgefährlichen Folgen diskriminierende Gesetzgebung und gesellschaftliche Ausgrenzung für trans Menschen haben können.
Ein Die-in ist eine gewaltfreie Protestform, bei der Menschen den Tod nachstellen, um Missstände sichtbar zu machen. Bereits im November 2024 hatte eine ähnliche Aktion in London für Aufmerksamkeit gesorgt.
Hintergrund: Durchgesickerte EHRC-Leitlinien
Anlass der Demonstration war die Veröffentlichung einer durchgesickerten Version neuer EHRC-Leitlinien. Diese sollen Dienstleister dazu ermächtigen, trans Personen den Zugang zu geschlechtsspezifischen Einrichtungen und Diensten zu verwehren – darunter Umkleideräume, Stationen oder Sportveranstaltungen. Kritiker*innen bezeichnen die Vorgaben als faktische Ausgrenzung aus zentralen Bereichen des öffentlichen Lebens.
Die Debatte knüpft an ein Urteil des Obersten Gerichtshofs an, in dem entschieden wurde, dass die rechtliche Definition von „Geschlecht“ im Gleichstellungsgesetz trans Personen nicht einschließt. Der Entwurf der EHRC sieht zudem vor, dass trans Menschen selbst in Einrichtungen, die ihrem Geschlecht entsprechen, abgewiesen werden können, wenn sogenannte „begründete Einwände“ gegen ihre Anwesenheit erhoben werden.
Forderungen an Politik und Gesellschaft
Die Organisatoren warfen der Regierung und der EHRC vor, trans Menschen aus der Gesellschaft zu verdrängen. In ihrer Erklärung hieß es, die Politik dränge Betroffene „in den Selbstmord“ und verschärfe die alltägliche Ausgrenzung. Fast die Hälfte aller erwachsenen trans Menschen in Großbritannien habe laut Studien bereits einen Suizidversuch unternommen – nicht aufgrund ihrer Identität, sondern wegen Diskriminierung und Gewalt.
Zugleich kritisierten die Aktivist*innen das Schweigen vieler Abgeordneter. Sie forderten eine klare Positionierung gegen die geplanten Leitlinien und eine deutliche Bestätigung, dass trans Personen in Nottingham wie überall im Land sicher und gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilnehmen dürfen.
Alarmierende Entwicklung
Die Protestierenden verwiesen auch auf die dramatische Verschlechterung der LGBTQ+-Rechte in Großbritannien. Während das Land noch 2015 als europäischer Spitzenreiter galt, liegt es inzwischen im internationalen Ranking nur noch auf einem der hintersten Plätze. Besonders bei den Rechten von trans Menschen ist der Rückgang eklatant.
Die Botschaft des Protests war deutlich: Versprechen von „Würde“ und „Sicherheit“ verlieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn gleichzeitig Gesetze geschaffen werden, die Ausgrenzung ermöglichen. Das Die-in von Nottingham stellte diese Widersprüche sichtbar in den öffentlichen Raum – leise, aber unübersehbar.
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News Redaktion