
„49 Namen. 49 Leben.
Eine Mahnung für die Menschlichkeit“
Neun Jahre nach dem Massaker im Pulse-Club
Am 12. Juni 2016 wurde der queere Nachtclub Pulse in Orlando, Florida, zum Schauplatz eines der schwersten Hassverbrechen der jüngeren Geschichte. In den frühen Morgenstunden eröffnete ein bewaffneter Mann das Feuer während der beliebten Latin Night – ein gezielter Angriff auf die LGBTIQ+ Community.
49 Menschen wurden brutal ermordet, 53 weitere verletzt. Heute, neun Jahre später, erinnern wir uns nicht nur an diese Menschen. Wir erinnern uns daran, dass ihr Tod kein Einzelfall war – sondern Ausdruck eines tief verwurzelten Hasses, der bis heute fortbesteht.
Ein sicherer Ort – zerstört durch Hass
Pulse war mehr als ein Nachtclub. Es war ein Schutzraum. Ein Ort, an dem queere Menschen tanzen, lieben und frei sein konnten – in einer Gesellschaft, in der Diskriminierung und Gewalt oft alltäglich sind. Die mörderische Attacke zerstörte diesen Raum in Sekunden. Sie raubte Familien ihre Kinder, Freund*innen ihre Liebsten, der Welt 49 leuchtende Leben.
Der Attentäter bekannte sich während der Tat telefonisch zum sogenannten Islamischen Staat. Doch jenseits seiner Worte steht fest: Dies war ein gezielter Angriff auf queere Menschen. Ein Hassverbrechen. Ein Terrorakt gegen Identität und Würde.
Erinnern bedeutet handeln
Seit jenem Tag ist der 12. Juni ein globaler Tag des Gedenkens. In Orlando ertönen jährlich 49 Glockenschläge, inmitten von Kerzenlichtern, Namen und Tränen. Doch Erinnerung allein reicht nicht. Aus Trauer muss Entschlossenheit wachsen.
Überlebende wie Brandon Wolf – der seine besten Freunde bei dem Anschlag verlor – kämpfen heute unermüdlich für Waffenkontrolle und queeren Jugendschutz. Gruppen wie Gays Against Guns entstanden direkt aus dem Schmerz dieser Nacht. Ihr Ziel: kein weiteres Pulse, keine weiteren Namen.
Ein Mahnmal entsteht – für heute und morgen
Neun Jahre nach dem Massaker steht das Gelände des Pulse-Clubs nun im Besitz der Stadt Orlando. Ein offizielles National Memorial ist in Planung, getragen von Angehörigen, Überlebenden und der Kommune. Es soll nicht nur erinnern – sondern aufklären, warnen und verbinden.
Bis 2027/28 soll ein Ort entstehen, an dem Trauer Raum hat, an dem Geschichten gehört werden, an dem sichtbar wird: Die 49 waren Menschen mit Träumen, mit Musik im Blut, mit Hoffnung im Herzen. Sie dürfen nicht nur zu Symbolen werden – sie müssen als Menschen in Erinnerung bleiben.
Die Gegenwart: Queerfeindlichkeit lebt weiter
So viel Solidarität sich auch zeigte – der Hass ist nicht verschwunden.
In den USA wie auch in Europa erleben wir neue Gesetzesinitiativen gegen trans Menschen, Angriffe auf Drag-Veranstaltungen, körperliche Gewalt auf offener Straße. Auch in Deutschland verzeichnet der Verfassungsschutz einen Anstieg queerfeindlicher Straftaten.
Deshalb ist die Botschaft des Christopher-Street-Day Sachsen-Anhalt e.V. so wichtig und so richtig: „Queere Rechte sind Menschenrechte. Überall. Immer.“
Ein Auftrag an uns alle
Pulse ist nicht nur ein Ort in Orlando. Pulse ist überall dort, wo queere Menschen nicht sicher sind. Es liegt an uns, dass solche Räume wieder entstehen – und sicher bleiben. Es liegt an uns, Haltung zu zeigen gegen Hetze, Intoleranz und Gewalt.
Denn Erinnerung ohne Konsequenz ist bloß Routine. Wahres Gedenken heißt: handeln. Schützen. Lieben. Kämpfen.
49 Leben, 49 Geschichten
Keins der Opfer ist vergessen. Wir geben der Zahl 49 ein Gesicht, genauer gesagt 49 Gesichter.
Menschen mit Familien, Hoffnungen, Wünschen und einem Leben.
- Brenda Lee Marquez McCool (49)
Zweifache Krebsüberlebende, stolze Mutter von elf Kindern. Sie tanzte an jenem Abend mit ihrem Sohn Isaiah, als die Schüsse fielen – sie warf sich schützend vor ihn und rettete sein Leben. Isaiah sprach später rührend: „My mother accepted everyone with open arms…“ - Amanda Alvear (25)
Apotheken‑Technikerin, die in zwei Jahren 180 Pfund verlor und davon träumte, Krankenschwester zu werden. Sie liebte LGBTQ-Clubs als Ort des Selbstbewusstseins – und ihre Freunde erinnern sich: „She’d rather they spread more love…“ - Stanley Almodovar III (23)
Pharmazeutisch-technischer Assistent, bekannt für seinen Humor und Stil. Seine Snapchat-Videos an dem Abend zeigten ihn lachend und selbstsicher. Seine Mutter erinnert sich: Er „war so stolz auf sich selbst… contagiously so.“ - Luis Omar Ocasio‑Capo (20)
Tänzer und Barista – voller Lebensfreude und Kreativität. Freund*innen beschreiben ihn als einen „strahlenden Sonnenschein im Alltag.“ - Peter O. Gonzalez‑Cruz (22)
UPS-Mitarbeiter, ursprünglich aus Südafrika. Seine Familie nennt ihn „happy, humble“ – ein junger Mann voller Freundlichkeit. - Edward Sotomayor Jr. (34)
„Top-Hat Eddie“, Buchhalter und Organisator von LGBTQ-Reisen. Er brachte überall Freude – seine Cousins sagten, er war „just always part of the fun.“ - Jonathan Antonio Camuy Vega (24)
Junger Journalist beim Hispanic Journalists Network. Engagiert, neugierig, ein Freund, der „family … color-coordinate holidays“ lieben lernte. - Franky Jimmy Dejesus Velazquez (50)
Forever‑21-Mitarbeiter und professioneller Jíbaro‑Tänzer aus Puerto Rico. Seine Familie sagt: „My brother will never die… He will be in my heart.” - Simon Adrian Carrillo Fernandez (31) & Oscar A. Aracena‑Montero (26)
Ein liebendes Paar, frisch im gemeinsamen Zuhause – Simon reiselustig, Oscar fürsorglich. Eine Freundin erzählt: „They had just purchased a home together… He was amazing.“ - Xavier Emmanuel Serrano Rosado (35)
Tänzer bei Disney Live und Mentor vieler queerer Jugendlicher. Ein Freund beschreibt: „Never had a ‘no’ for anyone.“ - Deonka Deidra “Dee Dee” Drayton (32)
Barkeeperin im Pulse, liebevolle Mutter eines dreijährigen Sohnes aus South Carolina. Ihre Familie erinnert sich an ihre fürsorgliche Art und Liebenswürdigkeit. - Luis Daniel Conde Salonbesitzer aus Kissimmee, in einer 16-jährigen Beziehung mit Juan Rivera Velazquez. Freund*innen stellten heraus: „He’d always make you laugh.“
- Juan Pablo Rivera Velazquez (37)
Mitinhaber eines Friseursalons mit Luis Conde. Bekannt dafür, anderen zu helfen – bot kostenlose Stylings für Opfer häuslicher Gewalt an. - Geraldo “Drake” Ortiz‑Jimenez (25)
Jura-Student aus der Dominikanischen Republik, liebevoll „Drake“ genannt. Musik- und Tanzliebhaber, ursprünglich für ein Selena-Gomez-Konzert nach Orlando gekommen. - Eddie Jamoldroy Justice (30)
Buchhalter aus Orlando, sportlich und freundlich. Kurz vor seinem Tod schickte er an seine Mutter: „Mommy, I love you.“ - Edward “Top‑Hat Eddie” Sotomayor Jr. (34)
Reiseplaner für LGBTQ‑Tourismus, erkennbar an seinem charakteristischen Zylinderhut. Freunde erinnern sich: „He was one sweetheart… that smile is burned in my memory.“ - Ángel Luis Candelario‑Padró (28)
Musik- und Tanzliebhaber, engagiert im Studium und leidenschaftlich auf der Tanzfläche. - Christopher Andrew “Drew” Leinonen (32)
Podcaster bei Flame On!, lebte in Orlando mit Partner Juan Guerrero. Freunde beschreiben ihn als charismatischen, positiven Menschen. - Juan Ramon Guerrero (22)
Student an der UCF, ausgesprochen familienverbunden. Freunde sagten: Er war wie ein großer Bruder für sie. - Kimberly “KJ” Morris (37)
Bodyguard im Pulse, ursprünglich aus Connecticut, leidenschaftlich im Bereich Boxen und MMA. Ihr Spitzname „KJ“ steht für Stärke und Herzenswärme. - Anthony Luis Laureano‑Disla (25)
Tänzer und Choreograf aus Puerto Rico, tanzte seit seinem 10. Lebensjahr. Seine Cousine sagte: „He was very happy and very kind.“ - Akyra Monet Murray (18)
Highschool-Basketballstar, auf dem Weg zum College und für ihre stille Führung bewundert – tragisch jung aus dem Leben gerissen. - Alejandro Barrios Martinez (21)
Nach Orlando gezogen, um ein neues Leben zu beginnen. Freund*innen sagen: er hatte immer ein Lächeln für alle. - Cory James Connell (21)
Studierte Sportjournalismus, arbeitete bei Publix und wollte Feuerwehrmann werden. Seine Familie nannte ihn ihren „Super‑Hero“. - Christopher Andrew “Drew” Leinonen (32)
Podcaster (Flame On!), charismatisch und quirlig – sein Lachen füllte jeden Raum. Er lebte mit seinem Freund zusammen in Orlando. - Christopher Joseph Sanfeliz (24)
Aus Kuba nach Tampa gezogen, arbeitete für JPMorgan Chase. Seine Familie beschrieb ihn als „das Licht unserer Familie“. - Deonka Deidra “Dee Dee” Drayton (32)
Barkeeperin mit Herz, Mutter eines dreijährigen Jungen – warmherzige, fürsorgliche Persönlichkeit aus South Carolina. - Darryl Roman Burt II (29)
Finanzberater, Mitglied der Jacksonville Jaycees, frisch promoviert – ein engagierter Community‑Macher. - Edward “Top‑Hat Eddie” Sotomayor Jr. (34)
Reiseplaner für LGBTQ-Tourismus, bekannt für seinen Zylinderhut und hilfsbereites Wesen – Freunde sagten, sein Lächeln bleibe unvergessen. - Eddie Jamoldroy Justice (30)
Buchhalter und Fitnessfan – schickte seiner Mutter in den letzten Minuten die Nachricht: „Mommy, I love you.“ - Enrique L. Rios Jr. (25)
Koordinator im Gesundheitswesen aus Michigan – mit „Herz aus Gold“ und Sinn für Familie. - Eric Ivan Ortiz‑Rivera (36)
Aus Puerto Rico stammend, Kommunikationsfachmann im Merchandise-Bereich, immer hilfsbereit für Familie. - Frank Hernandez (27)
Verkaufskraft bei Calvin Klein, stolz auf sein Tattoo „Love has no gender“. Warmherzig, modebewusst, verehrt von Freund*innen. - Franky Jimmy Dejesus Velazquez (50)
Tänzer und Visual Merchandiser, Berufsjíbaro, sagte seine Schwester: „My brother will never die… He will be in my heart.“ - Jason Benjamin Josaphat (19)
Polyvalenter junger Mann: Technikstudent, leidenschaftlicher Fotograf, stets hilfsbereit – sein Enthusiasmus war ansteckend. - Jean Carlos Mendez Perez (35)
Freund und Partner von Luis Wilson-Leon, zeigte Humor und Hingabe. Seine Familie nannte ihn „man full of life and joy“. - Jean Carlos Nieves Rodriguez (27)
General Manager, sprach fürsorglich über seine Mutter und Freunde – bekannt als „big teddy bear“. - Jerald Arthur Wright (31)
Mitarbeiter bei Walt Disney World, sehr eng verbunden mit seinen Eltern, geliebt für seine Wärme und Fürsorge. - Joel Rayon Paniagua (32)
Von Mexiko in die USA gekommen, arbeitete hart für Familie zu Hause – weckte liebevolle Grüße um 5 Uhr morgens. - Juan Pablo Rivera Velazquez (37)
Co-Besitzer eines Salons, gab kostenlose Stylings für häuslich Gewalt‑Opfer – fürsorglich und empathisch. - Juan Ramon Guerrero (22)
UCF‑Student, große familiäre Nähe und liebevolle Freundschaft – sein Cousin: „He was like a big brother to me.“ - Juan Chavez‑Martinez (25)
Beschrieben als liebevoll und fürsorglich – „We miss him being there with us.“ - Kimberly “KJ” Morris (37)
Bodyguard und MMA‑Fan, „gentle giant“, aus Connecticut nach Orlando gezogen – stark und herzlich. - Leroy Valentin Fernandez (25)
Bühnen-Dragqueen („Indara Valkayre“), berühmt für extravagante Auftritte – liebenswert und mutig. - Luis Daniel Wilson‑Leon (37)
Lebte neu in Orlando mit seinem Partner Jean Mendez Perez – liebevoll und fürsorglich, eine feste Stütze. - Luis S. Vielma (22)
Mitarbeiter bei Universal, wollte EMT werden. J.K. Rowling zeigte ihre Betroffenheit. - Luis Omar Ocasio‑Capo (20)
Junger Tänzer und Barista, „strahlender Sonnenschein im Alltag“, voller Lebenslust. - Martin Benitez Torres (33)
Student auf Besuch bei Familie, hatte Freude am Leben und einem strahlenden Lächeln. - Miguel Angel Honorato (30)
Restaurantmanager und Vater von drei Kindern, bekannt für seine Zuverlässigkeit und Güte.
Sie mögen in Frieden ruhen
Gesichter gegen das Vergessen: Sie sind keine Statistik, sondern Menschen mit Spuren in der Welt.
Gedenken als Auftrag: Persönliches Erinnern weckt Mut gegen Hass – kein Raum für Apathie.
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Die Redaktion