
Nach dem CSD in Bramsche: Regenbogenfahne von Kirche abgerissen – Gemeinde zeigt Haltung
Bramsche
Es war ein mutiger, sichtbarer Schritt: Zum ersten Mal fand in der niedersächsischen Stadt Bramsche ein Christopher Street Day (CSD) statt. Hunderte Menschen gingen am vergangenen Wochenende auf die Straße, um für Vielfalt, Sichtbarkeit und queere Rechte einzustehen. Die St.-Martin-Kirche war Teil dieses historischen Moments – mit einem ökumenischen Queer-Gottesdienst als spirituellem Auftakt und einer Regenbogenfahne, die am Kirchturm gehisst wurde.
Doch der symbolische Akt wurde nicht von allen respektiert: In der Nacht nach dem CSD wurde die Regenbogenfahne brutal abgerissen. „Wir werden Anzeige erstatten, wir lassen uns davon nicht unterkriegen“, erklärt Pastorin Laura Schimmelpfennig entschlossen. Die Gemeinde werde zeitnah eine neue Fahne aufhängen – diesmal höher, um sie vor weiteren Angriffen zu schützen.
Ein Angriff mit Ansage?
Bereits am Tag des CSD wurde ein Sticker mit der Aufschrift „Schwarz, Rot, Gold ist bunt genug“ auf der Fahne entdeckt – eine Aussage, die nicht nur als Provokation, sondern als klare Ablehnung queerer Sichtbarkeit gewertet werden kann. Kurz darauf war die Fahne verschwunden.
Die Vermutung liegt nahe: Der Angriff war gezielt, queerfeindlich motiviert – und steht nicht allein. In Bramsche häufen sich Vorfälle gegen queere Ausdrucksformen und Symbole. Das queere Kunstwerk am Hasesee wurde 2023 mehrfach beschädigt und schließlich in Brand gesetzt. Auch eine Regenbogen-Bushaltestelle in Achmer war mehrfach Ziel homo- und transphober Schmierereien.
Zwischen Mut und Anfeindung
Was sich in Bramsche zeigt, ist kein Einzelfall, sondern ein Spiegel größerer gesellschaftlicher Spannungen. Dort, wo queere Menschen und ihre Unterstützer*innen sichtbar werden, scheint es weiterhin Menschen zu geben, die diese Sichtbarkeit aktiv bekämpfen – mit Worten, Symbolen oder gar Gewalt. Umso bedeutsamer ist das, was Pastorin Schimmelpfennig und ihre Gemeinde nun zeigen: Haltung, Klarheit und Solidarität.
„Der CSD war ein starkes Zeichen für Vielfalt. Wir als Kirche stehen dazu“, betont sie. Die St.-Martin-Gemeinde macht deutlich, dass christlicher Glaube und queere Akzeptanz kein Widerspruch sein müssen – sondern gelebte Nächstenliebe und Respekt vor der Würde jedes Menschen bedeuten.
Mehr als ein Stück Stoff
Die Regenbogenfahne ist nicht nur ein Symbol. Sie ist ein Bekenntnis: zu Gleichwertigkeit, zu Menschenrechten, zu einer Gesellschaft, in der niemand versteckt leben muss. Dass dieses Zeichen ausgerechnet von einer Kirche kam, macht den Vorfall umso erschütternder – und zugleich umso bedeutungsvoller. Denn dort, wo queere Menschen lange ausgegrenzt wurden, entsteht in Bramsche ein neues, offenes Kapitel.
Die Botschaft der Gemeinde ist klar: Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir bleiben sichtbar. Und wir stehen an der Seite derer, die zu oft im Schatten leben mussten.
Radio QueerLive
News-Redaktion