Regenbogen am Berliner Rathaus

Symbolik mit Substanz? Kai Wegner hisst die Regenbogenflagge – ein echtes Zeichen oder nur gut inszenierte Hauptstadtpolitik?

Mitten in der Berliner Innenstadt weht sie wieder: die Regenbogenflagge am Roten Rathaus. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat sie persönlich gehisst – flankiert von Vertreter*innen des Berliner Lesben- und Schwulenverbands. Ein deutliches Bild, ein sichtbares Bekenntnis, ein Statement zur Pride-Saison und dem bevorstehenden Christopher Street Day am 26. Juli. Wegner sagt: „Ich bin auch der Regierende Bürgermeister der Regenbogenhauptstadt.“ Ein Satz, der sitzt – aber auch hinterfragt werden muss.

Denn so erfreulich dieses klare Bekenntnis klingt, so ambivalent ist es vor dem Hintergrund einer CDU, die auf Bundesebene oft deutlich reservierter agiert, wenn es um queere Rechte geht. Während Friedrich Merz sich kürzlich mit seiner „Zirkuszelt“-Aussage zur Regenbogenfahne am Bundestag um Kopf und Kragen sprach und damit einen Sturm der Kritik auslöste, inszeniert sich sein Parteikollege Wegner als weltoffener Unterstützer der Community.

Ein Widerspruch? Nicht unbedingt – aber eine parteiinterne Schieflage, die kaum zu übersehen ist. Während Berlin bunt sein darf, scheint der Bundestag aus Sicht von Merz nicht der richtige Ort für queere Sichtbarkeit. Und genau hier beginnt das Problem: Wenn die Haltung zur Gleichstellung und Akzeptanz sexueller Vielfalt zur regionalen PR-Maßnahme verkommt, statt parteipolitisch konsequent vertreten zu werden, verliert das Regenbogenbekenntnis an Glaubwürdigkeit.

Dabei zeigt sich: Kai Wegner tut mehr als nur Flagge hissen. Der Berliner Senat, unter seiner Führung, hat sich für eine Bundesratsinitiative starkgemacht, um den Schutz der sexuellen Identität im Grundgesetz zu verankern. Das ist ein ernstzunehmender Schritt, der über Symbolpolitik hinausgeht. Auch seine wiederholte Teilnahme am CSD ist kein bloßes Lippenbekenntnis. In der Hauptstadt, die jährlich hunderttausende Menschen zur Pride anzieht, wirkt das fast selbstverständlich – ist es aber keineswegs, gerade für einen CDU-Politiker.

Dennoch darf man sich nicht mit bunten Fahnen zufriedengeben. Florian Winkler-Schwarz vom Lesben- und Schwulenverband weist zurecht auf die zunehmende Gewalt gegen queere Menschen hin. Berlin muss mehr tun, als bunt zu sein. Es muss auch sicher sein – auf Straßen, in Schulen, in Behörden. Das erfordert mehr als Symbolik: Es braucht politische Konsequenz, Investitionen in Aufklärung und Prävention, klare Haltung gegen queerfeindliche Hetze – und eben auch Rückgrat gegenüber jenen aus den eigenen Reihen, die mit abfälligen Kommentaren lieber spalten, statt integrieren.

Kai Wegner hat in dieser Woche sichtbar gemacht, was politisch möglich ist – und was nötig ist. Jetzt liegt es an ihm, dafür zu sorgen, dass dieses Signal mehr ist als eine Fahne im Wind. Berlin darf bunt bleiben – aber auch unbequem für jene, die diese Buntheit infrage stellen.

Abschussgedanke

Der Regenbogen über dem Roten Rathaus ist ein gutes Zeichen. Ob er aber auch über die CDU hinausstrahlt – das wird sich erst zeigen, wenn aus Worten konsequente Politik wird, wenn daraus Taten werden.

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Die Redaktion